Leitsatz (amtlich)

Für einen formell nicht am Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung beteiligten Versorgungsträger, der durch die Endentscheidung in seinen Rechten unmittelbar betroffen ist, wird durch die zeitlich letzte Bekanntgabe der Entscheidung an die formell Beteiligten weder die Monatsfrist gem. § 63 Abs. 1, 3 Satz 1 FamFG noch die fünfmonatige Auffangfrist gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG in Gang gesetzt.

 

Verfahrensgang

AG Dinslaken (Beschluss vom 23.05.2012; Aktenzeichen 16 F 279/11)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Höchster Pensionskasse VVaG wird der Beschluss des AG Dinslaken - Familiengericht - vom 23.5.2012 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Abs. 2. des Tenors) wie folgt ergänzt:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Höchster Pensionskasse VVaG, Frankfurt/M., (Mitgliedsnummer ...) zugunsten der Antragsgegnerin nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Höchster Pensionskasse (Stand: 1.3.2014) ein Anrecht i.H.v. 8.016,50 EUR, bezogen auf den 31.8.2011, übertragen.

Im Übrigen bleibt es bei der Entscheidung des AG.

II. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, im Übrigen werden die Kosten gegeneinander aufgehoben.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.245 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 14.10.1993 die Ehe miteinander geschlossen. Auf den der Antragsgegnerin am 14.9.2011 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers hat das AG durch Verbundbeschluss vom 23.5.2012 die Ehe geschieden (Ziff. 1. des Tenors) und den Versorgungsausgleich geregelt (Ziff. 2 des Tenors).

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, ein bei ihr dem Antragsteller aus betrieblicher Altersvorsorge zustehendes Anrecht sei in dem Beschluss nicht berücksichtigt worden.

Unter dem 19.10.2011 hat die Beschwerdeführerin Auskunft über das bei ihr bestehende Anrecht des Antragstellers (Grundversicherung 2G04) erteilt. Sie hat den Ehezeitanteil des Anrechts mit 16.333 EUR (Kapitalwert) berechnet, Teilungskosten von 300 EUR für beide Ehegatten in Ansatz gebracht und gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 8.016,50 EUR zu bestimmen.

Das Anrecht ist weder im Tenor noch den Gründen der angefochtenen Entscheidung, die den formell Beteiligten zwischen dem 19.06. und 26.6.2012 zugestellt worden ist, berücksichtigt worden. Auch im Rubrum der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdeführerin nicht als weiter Beteiligter aufgeführt worden. Eine förmliche Bekanntgabe der Entscheidung an die Beschwerdeführerin ist zunächst nicht erfolgt. Erst auf die Sachstandsanfrage der Beschwerdeführerin vom 7.8.2014 ist mit Verfügung vom 12.8.2014 eine formlose Übersendung der angefochtenen Entscheidung an die Beschwerdeführerin veranlasst worden; der Beschluss ist der Beschwerdeführerin am 15.8.2014 zugegangen.

Mit ihrem am 26.8.2014 eingegangenen Rechtsmittel wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Nichtberücksichtigung des bei ihr bestehenden Anrechts und beantragt, über das Anrecht des Antragstellers bei ihr - der Höchster Pensionskasse VVaG - "Grundversicherung (2G04)" zu entscheiden und in den Tenor unter 2. einen entsprechenden weiteren Absatz nach Abs. 7 einzufügen.

Sie macht geltend, dass das AG sie am Verfahren beteiligen und über die Teilung des bei ihr bestehende Anrecht hätte entscheiden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, sei sie beschwerdeberechtigt. Der Lauf der Rechtsmittelfrist beginne erst mit dem Zugang des angefochtenen Beschlusses am 15.8.2014. In der Sache sei das vom AG übergangene Anrecht intern zu teilen.

Der Antragsteller stellt unter Vorlage einer Bescheinigung nach § 92 EStG über die im Jahr 2011 geleisteten Altersvorsorgebeiträge, die einen Stand des Altersvorsorgevermögens zum 31.12.2011 i.H.v. 6.682 EUR ausweist, die Höhe des von der Beschwerdeführerin errechneten Ehezeitanteils in Frage.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

A. Die Beschwerde der Höchster Pensionskasse VVaG gegen die Entscheidung des AG zum Versorgungsausgleich vom 23.5.2012 ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

1) Insbesondere ist die Beschwerdeführerin gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, da sie als Versorgungsträgerin grundsätzlich auch dann in ihrer Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist, wenn bei ihr bestehende Anrechte - wie hier - zu Unrecht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen werden (BGH Beschl. v. 7.3.2012 - XII ZB 599/10; Beschl. v. 12.11.2014 - XII ZB 235/14).

2) Nach Auffassung des Senats ist durch die zeitlich letzte Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses an einen der formell Beteiligten für die Beschwerdeführerin weder die Monatsfrist gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG noch die fünfmonatige Auffangfrist gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG in Lauf gesetzt worden.

a) Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG be...

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