Leitsatz (amtlich)

1. Der Urteilsausspruch, ein (näher bezeichnetes) Grundstück zu räumen und „befreit von sämtlichen oberirdischen Aufbauten und unterirdischen Anlagen herauszugeben” ist hinreichend bestimmt und im Wege der Ersatzvornahme vollstreckbar.

2. Erst die bestandskräftige Versagung einer erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigung kann der Ermächtigung zur Ersatzvornahme entgegenstehen.

 

Normenkette

ZPO §§ 253, 887

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 2 O 23/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Duisburg vom 27.5.2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 13.000 Euro

 

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel des Schuldners bleibt ohne Erfolg.

I. 1. Zutreffend ist die Beurteilung des LG, dass der Tenor des Versäumnisurteils vom 9.8.2000 auch insoweit vollstreckbar ist, als der Schuldner (neben der Räumung) verurteilt worden ist, das bezeichnete Grundstück „befreit von sämtlichen oberirdischen Aufbauten und unterirdischen Anlagen” herauszugeben.

Sinn und Zweck des verfahrensrechtlichen Erfordernisses, einen hinreichend bestimmten Antrag i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen, bestehen darin, dem Organ, das den nach dem gestellten Antrag erlassenen Titel zu vollstrecken hat, die erforderlichen Weisungen zu erteilen, ohne auf die Urteilsgründe oder außerhalb des Urteils liegende Erkenntnisquellen zurückgreifen zu müssen.

Diesen Anforderungen wird der in Rede stehende Urteilstenor gerecht. Entgegen der Ansicht des Schuldners müssen nicht die einzelnen Handlungen des Schuldners beschrieben werden, wenn er zur Herbeiführung eines bestimmten Handlungserfolgs verurteilt worden ist. Maßgeblich sind nicht die Handlungen, sondern der Handlungserfolg (BGH v. 4.6.1996 – VI ZR 123/95, MDR 1996, 959).

Diesem Erfordernis wird der Tenor des Versäumnisurteils gerecht. Aus ihm geht nämlich mit der erforderlichen Bestimmtheit hervor, dass der Schuldner die Rückgabe des bezeichneten Grundstücks ohne überirdische Aufbauten und unterirdische Anlagen schuldet. Das mit der Vollstreckung beauftragte Organ (Vollstreckungsgericht, § 887 ZPO) ist jederzeit in der Lage festzustellen, ob der Schuldner dieser Verpflichtung nachgekommen ist oder nicht. Eine Beschreibung oder Aufzählung der Gebäude und Anlagen wäre nur erforderlich gewesen, wenn keine vollständige Beseitigung geschuldet wäre.

2. Zu Unrecht meint der Schuldner auch, die Gläubigerin müsse im Vollstreckungsantrag gem. § 887 Abs. 1 ZPO die Maßnahmen genau beschreiben, deren Ersatzvornahme sie begehre. In Rechtsprechung und Lehre ist umstritten, ob der Gläubiger gehalten ist, (jeweils) nur konkrete Ermächtigungen zu beantragen (Einzelermächtigung) oder ob er sich – wie im Erkenntnisverfahren – nur ermächtigen zu lassen braucht, den titulierten Erfolg herbeizuführen, also Anspruch auf eine Allgemeinermächtigung hat (vgl. dazu Quadbeck, MDR 2000, 570 ff. m.w.N.). Auf diesen Streit kommt es im vorliegenden Vollstreckungsfall nicht an. Auch die Befürworter der Einzelermächtigung fordern das nur in den Fällen, in denen es zur Herbeiführung des Erfolges alternative Verfahren gibt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rz. 7). Auf diesem Weg soll der Schuldner frühzeitig Gelegenheit erhalten, auf die Art und Weise der Vollstreckung Einfluss zu gewinnen (obwohl er doch durch schlichte Erfüllung des titulierten Annspruchs bis zur Befriedigung des Gläubigers uneingeschränkten Einfluss ausüben kann).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es geht hier um den Abbruch der (überirdischen) Gebäude und den Ausbau der (unterirdischen) Anlagen. Alternative Verfahrensweisen zur Herbeiführung dieses Erfolgs sind nicht ersichtlich. Die Beschreibung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen ist niemals notwendig. Das Risiko, zur Zwangsvollstreckung, nämlich zur Erfolgsherbeiführung, überflüssige Maßnahmen und deshalb vermeidbare Kosten veranlasst zu haben, trägt ohnehin der Gläubiger (vgl. Quadbeck, MDR 2000, 570 [571 f.] m.w.N.). Wollte man von dem Gläubiger verlangen, die Durchführung der Vollstreckung bis in seine Einzelheiten zu beschreiben, würde die Vollstreckung unnötig erschwert.

3. Ohne Erfolg macht der Schuldner schließlich geltend, die Ermächtigung gem. § 887 Abs. 1 ZPO müsse die Auflagen berücksichtigen, die der Schuldner aus öffentlich-rechtlichen Gesichtpunkten bei dem Abbruch zu beachten habe. Es geht im Streitfall nicht um die Befreiung der Gläubigerin von einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit. Nur dann müssten die spezifischen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen im Ermächtigungsbeschluss berücksichtigt werden (vgl. BGH v. 4.6.1996 – VI ZR 123/95, MDR 1996, 959). Der Titel lautet auf Herausgabe des Grundstücks, befreit von den in Rede stehenden Gebäuden und Anlagen. Wenn der Schuldner zur Erfüllung dieses privatrechtlichen Anspruchs eine öffentlich-rechtliche Genehmigung gebraucht, hindert das nicht den Ermächtigungsbeschluss (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rz. 7; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.2.1997 –...

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