Entscheidungsstichwort (Thema)

Sterbegeld als Versicherungsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Versicherung hat aufgrund Auszahlung von Sterbegeld an die Hinterbliebenen der von der Krankenschwester getöteten Schwerstkranken einen Anspruch auf Ersatz ebendieses Geldes gegen die Krankenschwester.

 

Normenkette

SGB V § 116 Abs. 1 S. 1; BGB § 844 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 4 O 470/92)

 

Tenor

wird das Prozeßkostengesuch der Beklagten mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte war Krankenschwester an einem Wuppertaler Krankenhaus und tötete dort in der Zeit vom 17. September 1985 bis zum 5. Februar 1986 sieben schwerstkranke Patienten. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1988 an sie und ihre Anwälte meldete die Klägerin, eine …, Ersatzansprüche an. Nach dem Tod von sieben Mitgliedern, die in der Zeit von Februar 1984 bis Februar 1986 gestorben sind, habe sie Sterbegelder gezahlt, die sie ersetzt verlange. In den Schreiben an die Beklagte heißt es weiter:

„Uns ist bekannt, daß das Strafverfahren noch nicht zum Abschluß gekommen ist, und wir erklären uns selbstverständlich damit einverstanden, … zunächst einmal den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.”

Der Anwalt der Beklagten antwortete mit Schreiben vom 3. Januar 1989 (auszugsweise):

„Meine Mandantin wird erst nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens überhaupt zu den von Ihnen geltend gemachten Ansprüchen Stellung nehmen. Hiervon gehen Sie ja selber ohnehin aus.”

Im September 1989 verurteilte das Landgericht Wuppertal die Beklagte wegen Totschlags in fünf Fällen, wegen Tötung auf Verlangen, wegen fahrlässiger Tötung sowie wegen versuchten Totschlags zu Freiheitsstrafe. Durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 1991 (BGHSt 37, 376 = NJW 1991, 2357) wurden die Revisionen der Staatsanwaltschaft und einer Nebenklägerin als unbegründet verworfen.

Die Klägerin hat mit einem Mahnbescheid, der Ende Februar 1992 zugestellt worden ist, 25.841,60 DM nebst Zinsen „wegen Tötung” von sieben Mitgliedern geltend gemacht. Im streitigen Verfahren hat sie ihren Anspruch auf Sterbegelder von insgesamt 11.095,20 DM für drei Mitglieder beschränkt, die am 23. September und 29. Oktober 1985 sowie am 5. Februar 1986 gestorben sind. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen und eingewendet: Die Patienten seien todgeweiht gewesen und wären wenige Tage später ohnehin gestorben. Durch ihren vorzeitigen Tod habe die Klägerin die Kosten erspart, die ihr sonst durch die weiteren Krankenhausaufenthalte entstanden wären.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat Berufung eingelegt und beantragt, ihr für den zweiten Rechtszug Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Vor der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den Rechtsstreit (einseitig) für erledigt erklärt, weil die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses teilweise gezahlt habe und der Rest wegen des Teilungsabkommens nicht weiter verfolgt werden könne.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Beklagten bietet keine Aussicht auf Erfolg:

1. Nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art. dienen (und sich – was hier keine Rolle spielt – auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen). Das ist hier der Fall:

a) Bei Versicherungsfällen vor dem Inkrafttreten des SGB V -Krankenversicherung- am 1. Januar 1989 gehörte Sterbegeld nach § 179 Abs. 1 Nr. 5 RVO (jetzt, eingeschränkt und auslaufend, nach §§ 11 S. 2, 58, 59 SGB V) zu den gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen der Krankenkassen. Von dem Sterbegeld, das nach § 201 RVO einkommensabhängig war, wurden nach § 203 S. 1 RVO (zunächst) die Kosten der Bestattung bestritten und an den gezahlt, der die Bestattung besorgt hatte. Das Sterbegeld sollte die wirtschaftliche Belastung durch die Begräbniskosten mildern (BSG NJW 1992, 260, 261) und war versicherungsrechtlich mit einem etwaigen Anspruch deckungsgleich („sachlich kongruent”), den die Hinterbliebenen, die die Kosten der Bestattung trugen, gemäß § 844 Abs. 1 BGB gegen den Schädiger hatten (BGH VersR 1986, 698, 699 m. w. N.).

b) Nach § 844 Abs. 1 BGB hat der Ersatzpflichtige im Falle der Tötung die Kosten der Beerdigung zu ersetzen. Dem kann nicht entgegengesetzt werden, der Getötete wäre ohnehin über kurz oder lang gestorben. Der Gesetzgeber hat den Schädiger ohne jede Einschränkung für ersatzpflichtig erklärt. Deshalb spielt keine Rolle, wie alt oder wie krank der Getötete gewesen ist. Das ist, soweit ersichtlich, einhellige Meinung (Schäfer, in: Staudinger, BGB, 12. Aufl., § 844 Rdnr. 40; Boujong, in: RGRK-BGB, 12. Aufl., § 844 Rdnr. 22; Kreft, Anm. zu BGH LM § 844 Abs. 1 BGB Nr. 2; Greger, Zivilrechtl. Haftung im Straßenverkehr, 2. Aufl., § 10 StVG Rdnr. 29; Theda, DAR 1985, 10).

2. Der Einwand, daß die Kl...

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