Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 AktE 1/89)

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt, weil der Senat § 3 Abs. 2 S. 1 Mitbestimmungserganzungsgesetz in der Fassung durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der …-Mitbestimmung vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I Seite 2312) für verfassungswidrig halt. Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG soll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt werden, ob § 3 Abs. 2 S. 1 Mitbestimmungsergänzungsgesetz n.F. das Grundgesetz verletzt.

 

Tatbestand

I.

Der Vorstand der …, deren Aufsichtsrat bis dahin nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz vom 21.05.1951 zusammengesetzt war, hat am 03.01.1989 im Bundesanzeiger gemäß § 97 AktG bekannt gemacht, daß der Aufsichtsrat nicht mehr nach den für ihn maßgebenden Vorschriften zusammengesetzt und künftig nach den Vorschriften des Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung vom 20.12.1988 zusammenzusetzen sei.

Die Beteiligte zu 11), eine Aktionärsvereinigung, die auch selbst Aktionärin der … ist, hat rechtzeitig gemäß § 98 AktG die gerichtliche Feststellung beantragt,

nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat der … zusammenzusetzen ist.

Mit diesen Vorschriften hat es – unter Einbeziehung der für das Verständnis erforderlichen Entwicklung – folgende Bewandtnis:

Die Montan-Mitbestimmung gilt nach dem Gesetz vom 21.05.1951 (BGBl I Seite 347) für alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern,

  1. deren überwiegender Betriebszweck in der Forderung von Steinkohle, Braunkohle oder Eisenerz liegt, oder
  2. die zur eisen- und stahlerzeugenden Industrie in dem umfang gehören, wie er im Gesetz Nr. 27 der Alliierten Hohen Kommission vom 16.05.1950 bezeichnet ist.

Nach den Entscheidungen des Senats vom 24.08.1982 (ZIP 1982, 1207), des Bundesgerichtshofs vom 28.02.1983 (BGHZ 87, 52) sowie des Senats vom 27.07.1988 (Betrieb 1988, 1943 LS) sind mit den im AHK-Gesetz Nr. 27 genannten Unternehmen nur beispielhaft alle Unternehmen gemeint, deren überwiegender Betriebszweck in der Erzeugung von Eisen und Stahl besteht.

Der Aufsichtsrat der … setzte sich bis Ende 1988 nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz zusammen aus 21 Mitgliedern, davon

  • 10 Vertreter der Anteilseigner,
  • 10 Vertreter der Arbeitnehmer, hiervon

    • 4 Betriebsangehörige,
    • 4 Vertreter der Gewerkschaft und
    • 2 von der Gewerkschaft vorgeschlagene Vertreter,
  • ein neutrales Mitglied.

Mit dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz vom 07.08.1956 (BGBl I Seite 707) wurde die Montan-Mitbestimmung auf Obergesellschaften (Holding-Gesellschaften), die nicht selbst der Montan-Mitbestimmung unterliegen, erstreckt, sofern

  1. die Obergesellschaft zumindest ein montan-mitbestimmtes Unternehmen aufgrund eines Beherrschungsvertrages beherrscht und
  2. der Unternehmenszweck des Konzerns durch montan-mitbestimmte Konzernunternehmen gekennzeichnet wird. Das ist nach dem Mitbestimmungserganzungsgesetz der Fall, wenn auf die montan-mitbestimmten Konzernunternehmen mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes entfallt.

Eine Veränderung des Unternehmenszwecks sollte sich nach § 16 Mitbestimmungsergänzungsgesetz erst dann auf das Mitbestimmungsstatut auswirken, wenn das maßgebliche Umsatzverhältnis in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren montan-negativ war.

Nach dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz besteht der Aufsichtsrat der Obergesellschaft ebenfalls aus einer gleichen Zahl von Vertretern der Anteilseigner und Vertretern der Arbeitnehmer sowie einem neutralen Mitglied, wobei sich der Wahlmodus im einzelnen von demjenigen des Montan-Mitbestimmungsgesetzes unterscheidet.

Um das Herausfallen einer Konzernobergesellschaft … aus der Montan-Mitbestimmung abzuwenden, verlängerte der Gesetzgeber den maßgeblichen Referenzzeitraum nach § 16 Mitbestimmungsergänzungsgesetz durch das Mitbestimmungsdäderungsgesetz vom 27.04.1967 (BGBl I Seite 505) von zwei auf fünf Jahre. Dadurch sollte der Status quo solange erhalten bleiben, bis das in Auftrag gegebene Gutachten der Sachverständigenkommission zur Mitbestimmung in Unternehmen (sog. Biedenkopf-Kommission) vorlag und im Anschluß daran Klarheit über die künftige Ausgestaltung der Mitbestimmung insgesamt bestehen.

Als nach Ablauf der fünf Jahre erneut das Ende der Montan-Mitbestimmung in derselben Konzernobergesellschaft drohte, ohne daß es inzwischen zu der beabsichtigten Gesamtregelung gekommen war, wurde durch das Mitbestimmungsfortgeltungsgesetz vom 29.11.1971 (BGBl I Seite 1857) die Montan-Mitbestimmung solange festgeschrieben, bis die Umsätze der montan-mitbestimmten Konzernunternehmen in fünf aufeinanderfolgenden Jahren nicht mehr 40 % der Umsätze sämtlicher Konzernunternehmen erreichten. Dieser 5-jährige Referenzzeitraum galt jedoch dann nicht, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren der Konzern eine Montan-Quote von weniger als 25 % aufwies.

Das Mitbestimmungsgesetz vom 04.05.1976 (BGBl I Seite 1153) ließ die paritätische Montan-Mitbestimmung fortbestehen, machte sie jedoch zum...

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