Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts"

 

Leitsatz (amtlich)

a) Keine Beschwerdeberechtigung des Rechtsanwalts, wenn dieser im Prozesskostenhilfeverfahren zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet worden ist.

b) Eine Beiordnung gem. § 121 Abs. 3 ZPO erfordert kein vom Gericht einzuholendes Einverständnis des beigeordneten Rechtsanwalts, da dieses bereits in dem Antrag auf Beiordnung liegt.

c) Zur Reichweite des § 121 Abs. 3 ZPO.

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 3, § 127 Abs. 2-3

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG N. vom 20.4.2006 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

 

Gründe

Dem in K. wohnenden Antragsgegner ist mit dem vorbezeichneten Beschluss des AG Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des beim AG M. zugelassenen Rechtsanwalts Dr. S aus M. "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" bewilligt worden.

Gegen die vorbezeichnete Beschränkung der Beiordnung wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners mit seiner Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ist bereits unzulässig.

Im Bewilligungsverfahren, zu dem auch die Beiordnung eines nicht zugelassenen Rechtsanwalts gehört, treten sich die hilfsbedürftige Partei und die Staatskasse materiell ggü. (formell ist die Beteiligung der Staatskasse aus Gründen des Beschleunigungsbedürfnisses des Prozesskostenhilfeverfahrens stark eingeschränkt, § 127 Abs. 3 ZPO), der Rechtsanwalt ist nur als Bevollmächtigter der Partei, nicht aber aus eigenem Recht daran beteiligt. Dementsprechend ist es konsequent, im Falle der Ablehnung der beantragten Beiordnung nur der Partei selbst das Beschwerderecht gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO einzuräumen, nicht aber dem Rechtsanwalt (vgl. Zöller/Schneider, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rz. 19, m.w.N., soweit der selbe Autor in a.a.O. Rz. ... dem Rechtsanwalt ein Beschwerderecht für den Fall einräumt, dass er ohne seine Zustimmung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet wird" beruht dies auf der unzutreffenden Annahme - wie noch auszuführen ist -, dass ein ausdrückliches Einverständnis des Rechtsanwalts für diese Einschränkung erforderlich ist). Am Festsetzungsverfahren hingegen sind nur die Staatskasse und der Rechtsanwalt - formell und materiell unbeschränkt - beteiligt, nicht aber die Prozesspartei. Diese von den jeweiligen Verfahrensordnungen vorgegebene Differenzierung der Regelungsgegenstände ist auch praxisgerecht. Würde der Streit um die zukünftig erst entstehenden Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts bereits im Bewilligungsverfahren ausgetragen werden müssen, wäre einerseits das Festsetzungsverfahren obsolet, andererseits würde das ohnehin schon schwerfällige Bewilligungsverfahren, das die hilfsbedürftige Partein in den Stand setzen soll, ihre im Hauptverfahren verfolgten Rechte vor den Gerichten wirksam zur Geltung zu bringen, mit sachfremder Materie belastet und in die Länge gezogen. Im Übrigen müsste im Bewilligungsverfahren auch der Staatskasse eine über die Regelung des § 127 Abs. 3 ZPO hinausgehende Rechtsstellung eingeräumt werden, um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Rechtsauffassung zu den streitigen Vergütungsansprüchen des Rechtsanwalts zur Geltung zu bringen. Dies kann in Extremfällen zu einer extensiven Überprüfung der Vergütungsansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts führen und damit zu für das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren unhaltbaren Konsequenzen (so auch OLG Düsseldorf v. 23.2.1993 - 3 WF 13/93, FamRZ 1993, 819; OLG Hamm v. 8.8.2003 - 11 WF 123/03, FamRZ 2004, 708; a.A. OLG Hamburg FamRZ 2000, 1227;OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385; OLG Nürnberg v. 17.4.2001 - 10 WF 614/01, MDR 2001, 831 = OLGReport Nürnberg 2001, 222 = FamRZ 2002, 106; Büttner, FRP 2002, 500).

Darüber hinaus wäre die Beschwerde aber auch unbegründet.

Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei an einem anderen Ort haben, und beim Prozessgericht nicht zugelassenen Anwälten, die gem. § 78 Abs. 1 ZPO an anderen Gerichten postulationsfähig sind.

Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 121 Abs. 3 ZPO betrifft die Beschränkung der Beiordnung lediglich Anwälte, die nicht beim Prozessgericht zugelassen sind, also insb. solche Anwälte, die bei einem AG, LG oder OLG zugelassen und damit an jedem anderen AG, LG oder OLG postulationsfähig sind und im Rahmen dieser Postulationsfähigkeit beigeordnet werden möchten. Der vor dem OLG Oldenburg mit Beschl. v. 6.1.2006 - 3 UF 45/05 - entschiedene Fall fällt darunter nicht, weil die Rechtsanwältin, um deren Beiordnung es ging, beim OLG Oldenburg zugelassen war. Wegen der eindeutigen Gesetzesvorschrift und dem Wegfall von § 126 Abs. 1 S. 2 HS 1 BRAGO darf die Beiordnung nur bei...

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