Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin und der "hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Eilbedürftigkeit nach § 176 Abs. 1 GWB als gegeben ansieht", gestellte Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin gemäß § 176 Abs. 1 GWB zu gestatten, in dem Vergabeverfahren "Friedrich-Loeffler-Bau, Ersatzneubau eines Forschungs- und Laborgebäudes am Standort Jena" (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnr.: 2019/S 159-391985) vorzeitig den Zuschlag zu erteilen, werden abgelehnt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin führt nach abgeschlossenem Teilnahmewettbewerb ein Verhandlungsverfahren nach dem dritten Abschnitt der VOB/A (im Folgenden: VOB/A-VS) zur Vergabe einer Generalunternehmerleistung für den Ersatzneubau des -Instituts in Jena durch (Bekanntmachung vom 20. August 2019, Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnr.: 2019/S 159-391985). Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis.

In Ziff. 3.3 der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Formblatt 211 VS) hieß es:

"Fehlende Unterlagen, deren Vorlage mit dem Angebot gefordert war, werden nachgefordert."

Die dort ebenfalls aufgeführten Optionen

"teilweise nachgefordert, und zwar folgende Unterlagen:"

sowie

"nicht nachgefordert"

waren nicht angekreuzt.

Zu den Unterlagen, deren Vorlage mit dem Angebot gefordert war, zählten ausweislich des Formblatts 211 VS unter anderem das "Vertragsformular für Instandhaltung: siehe Anlage 2". Als Anlage 2 waren unter der Bezeichnung "Wartungsverträge" 23 Unterordner (ein Unterordner für jedes Hauptgewerk) der elektronischen Vergabeunterlagen mit den Unterlagen der entsprechenden Nummern des Leistungsverzeichnisses beigefügt, die überwiegend jeweils aus vier Dokumenten bestanden, unter anderem dem VHB-Formblatt 242 "Instandhaltung". In diesem Formblatt hieß es unter Ziff. 3:

"Weiterhin sind

in einer gesonderten Aufstellung/Arbeitskarte die von Ihnen vorgesehenen regelmäßigen Leistungen (Inspektions- und Wartungsarbeiten einschließlich Zeitabstände) für die verschiedenen Anlagenteile/Geräte einzutragen. Wird die Aufstellung/Arbeitskarte nicht mit dem Angebot vorgelegt, erfolgt keine Nachforderung. Das Angebot wird ausgeschlossen."

Die Antragsgegnerin verwendete Arbeitskarten mit und ohne Voreintragungen.

Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben als einzige Bieterunternehmen jeweils fristgerecht ein Angebot ab. Die Antragstellerin hatte ihrem Angebot sämtliche Arbeitskarten beigefügt, jedoch einige Arbeitskarten ohne Voreintragungen nicht ausgefüllt.

Mit Vorabinformationsschreiben vom 18. Januar 2021 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot aus zwingenden Gründen ausgeschlossen wurde, weil die gemäß Formblatt 242 geforderten Arbeitskarten nicht vollständig ausgefüllt beigefügt gewesen seien und eine Nachforderung nach den Vergabeunterlagen ausgeschlossen sei. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots am 21. Januar 2021 als vergaberechtswidrig, weil ihr Angebot vollständig sei. Jedenfalls könne ihr Angebot vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Angaben in den Vergabeunterlagen bezüglich der Nachforderungsmöglichkeit nicht ausgeschlossen werden. Der Rüge half die Antragsgegnerin am 25. Januar 2021 nicht ab.

Die Vergabekammer hat auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 27. Januar 2021, mit dem die Antragstellerin zusätzlich die fehlende Benennung der Arbeitskarten an zentraler Stelle beanstandet hat, der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 3. März 2021 (VK 1 - 10/21) untersagt, den Zuschlag zu erteilen und ihr aufgegeben, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zurückzuversetzen. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet.

Gegen diese Entscheidung hat die Beigeladene fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Der Nachprüfungsantrag sei schon unzulässig, weil die Antragstellerin ihre Rügeobliegenheiten verletzt habe. Er sei zudem unbegründet, weil das Angebot der Antragstellerin zwingend von der Wertung auszuschließen gewesen sei.

Die Antragsgegnerin, die kein Rechtsmittel eingelegt hat, schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an. Das Vergabeverfahren müsse zudem zeitnah abgeschlossen werden, da die Errichtungsgenehmigung im April 2022 auslaufe und spätestens bis zu diesem Zeitpunkt mit der baulichen Projektrealisierung begonnen werden müsse.

Sie beantragt deshalb,

ihr gemäß § 176 Abs. 1 GWB zu gestatten, vorzeitig den Zuschlag zu erteilen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antrag auf Erlaubnis der vorzeitigen Zuschlagserteilung gemäß § 176 Abs. 1 GWB abzulehnen;

hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Eilbedürftigkeit nach § 176 Abs. 1 GWB als gegeben ansieht, der Antragsgegnerin vorab zu gestatten, den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen.

Sie hält die Erfolgsaussichten d...

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