Leitsatz (amtlich)

1. Die Wertfestsetzung des Gerichts für die zu erhebenden Gebühren gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ergeht durch Beschluss. Dieser kann im Urteil als Nebenentscheidung enthalten sein.

2. Da in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht nur eine Verfahrensgebühr für das gesamte Verfahren erhoben wird, die mit der Einreichung der unbedingten Klage bei Gericht entsteht, ist eine nach bestimmten Verfahrensabschnitten gestaffelte Festsetzung des (Gebühren-)Streitwerts von Amts wegen für die Festsetzung der Gerichtsgebühren nicht erforderlich und vom Gerichtskostengesetz auch nicht vorgesehen.

3. Bleibt eine vom Kläger in Bezug auf den ursprünglich geltend gemachten Anspruch abgegebene Erledigungserklärung einseitig und nimmt der Kläger die Klage hinsichtlich dieses Anspruchs, nachdem er zwischenzeitlich einen weiteren Anspruch klageweise geltend gemacht hat, erst in der mündlichen Verhandlung zurück, sind beide Ansprüche zumindest zeitweise gleichzeitig anhängig. In diesem Fall kommt es auf die Streitfrage, ob die Zusammenrechnung von Streitgegenstandswerten die gleichzeitige Anhängigkeit der verschiedenen Streitgegenstände erfordert oder ob eine Zusammenrechnung auch schon dann erfolgen muss, wenn die verschiedenen Streitgegenstände innerhalb des Rechtszugs nacheinander verfolgt werden, nicht an.

 

Normenkette

GKG § 39 Abs. 1, §§ 40, 43, 63 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 12 O 51/18)

 

Tenor

Der Streitwert wird auf 28.085,79 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. GmbH die beklagte Steuerberatungsgesellschaft zunächst - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe - auf Rückgewähr eines Betrages von 9.929,57 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen, den die Beklagte aufgrund einer Abtretung nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten hatte. Die Hauptforderung - ohne Zinsen - hat die Beklagte vor Zustellung der Klage an den Kläger gezahlt, der daraufhin den Rechtsstreit in Höhe der Hauptforderung für erledigt erklärt und hilfsweise für den Fall, dass sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht anschließe, beantragt hat, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit wegen der bislang geltend gemachten Hauptforderung erledigt habe. Daneben hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung ausgerechneter Zinsen i.H.v. 772,74 EUR zu verurteilen, und einen weiteren Prozesskostenhilfeantrag für eine beabsichtigte Klage i.H.v. 17.196,61 EUR eingereicht, mit der die Rückgewähr von weiteren Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in dieser Höhe geltend gemacht werden sollte. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung, die ihr ohne Belehrung nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO übersandt worden ist, nicht angeschlossen und beantragt, den weiteren PKH-Antrag zurückzuweisen. Sodann hat der Kläger zunächst "aufgrund der von Seiten der Beklagten nicht abgegebenen Erledigungserklärung" die Anträge angekündigt, die Beklagte zur Zahlung von 772,74 EUR (Zinsen aus der ehem. Hauptforderung vom 08.10.2016 bis 28.08.2018) zu verurteilen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche im Verfahren entstandenen und noch entstehenden Kosten zu erstatten und ihn insoweit von Ansprüchen Dritter freizustellen. Daraufhin zahlte die Beklagte die Zinsforderung und erklärte ihrerseits den Klageantrag zu 1) auf Zahlung der Zinsen für erledigt. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klageerweiterung hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung weiterer 18.156,22 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020 haben die Parteien nach Erörterung den Rechtsstreit im Hinblick auf die Zinsforderung i.H.v. 772,74 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Klageforderung i.H.v. 9.929,57 EUR hat der Kläger erklärt, er nehme die Klage zurück und stelle insoweit "Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 ZPO". Zur Klageerweiterung haben die Parteien streitig verhandelt.

Das Landgericht hat in seinem am 20.01.2022 verkündeten Urteil den Streitwert bis zum 28.11.2018 auf 9.929,57 EUR, bis 20.07.202 auf 1.767,86 EUR (Kosteninteresse), bis 09.12.2020 auf 19.924,08 EUR und ab dem 10.12.2020 auf 18.156,22 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner Beschwerde, mit der er eine Streitwertfestsetzung auf 31.147,33 EUR begehrt. Er meint, die Werte der verschiedenen Streitgegenstände (ursprüngliche Hauptforderung, Zinsen, Klageerweiterung, Kosteninteresse) seien für die Gerichtsgebühren zu addieren, zumal alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020 gewesen seien. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, weil eine Zusammenrechnung der Streitwerte von Streitgegenständen, die nicht gleichzeitig nebeneinander, sondern nacheinander im Verlauf des Prozesses geltend gemacht worden seien, nicht zu erfolgen habe.

II. Die nach § 32 Abs. 2 RVG (i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG) statthafte und auch anso...

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