Leitsatz (amtlich)

1. Ergibt der Vortrag des klagenden Unternehmers, der Rückforderungsansprüche gegen den Handelsvertreter geltend macht, dass der Handelsvertreter als sog. Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a HGB anzusehen ist und er nicht mehr als die in § 5 Abs. 3 ArbGG bezeichnete Vergütung bezogen hat, so ist für seine Klage gegen den Handelsvertreter die Zuständigkeit der ArbG gegeben.

2. Eine Beweisaufnahme über die Rechtswegzuständigkeit ist nicht erforderlich. Das gilt auch dann, wenn zuständigkeits- und anspruchsbegründende Tatsachen zusammenfallen.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 3; HGB § 92a

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 24.02.2005; Aktenzeichen 41 O 88/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 11. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 24.2.2005 abgeändert:

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt. Der Rechtsstreit wird an das ArbG Darmstadt verwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 6.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beklagte war auf der Grundlage eines am 10.4.2003 geschlossenen Handelsvertretervertrags als Handelsvertreter für die Klägerin tätig. Das Vertragsverhältnis begann am 15.4.2003 und endete zum 30.11.2003. Während des Handelsvertretervertragsverhältnisses zahlte die Klägerin insgesamt 17.400 EUR an den Beklagten, und zwar 4.350 EUR am 20.6., 5.800 EUR am 8.8. und weitere 7.250 EUR am 13.10.2003.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung von 14.200,01 EUR in Anspruch. Sie trägt vor, dass es sich bei den von ihr geleisteten Zahlungen um verrechenbare Provisionsvorschüsse gehandelt habe. Der Beklagte habe tatsächlich nur Provisionen i.H.v. 3.199,99 EUR verdient. Er sei daher in Höhe der Klageforderung überbezahlt.

Der Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtsweges und tritt dem Klagevorbringen entgegen. Er behauptet, die Zahlungen seien ihm als Fixum gewährt worden. Ihm sei zugesagt worden, dass die Zahlungen für die ersten sechs Monate des Vertragsverhältnisses i.H.v. 2.500 EUR netto als Fixum erfolgen. Hierbei hätten monatlich verdiente Provisionen angerechnet und lediglich ein das Fixum übersteigender Provisionsbetrag zur Auszahlung kommen sollen.

Widerklagend nimmt der Beklagte die Klägerin im Wege der Stufenklage auf Erteilung eines Buchauszuges, eidesstattliche Versicherung, Bucheinsicht und Provisionszahlung in Anspruch.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG den von der Klägerin beschrittenen Rechtsweg vor die Zivilgerichte für zulässig erklärt. Zu Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte gelte nicht gem. § 5 Abs. 3 ArbGgesetz als Arbeitnehmer. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass der Beklagte die Voraussetzungen des § 92a Abs. 1 HGB erfülle. Er erfülle jedoch die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGgesetz nicht. Der Beklagte beanspruche hier für sich nicht nur die erhaltenen 17.400 EUR brutto, sondern er verlange mit der Widerklage sogar noch eine weiter gehende Vergütung, deren Wert er selbst vorläufig als dem Wert der Klageforderung entsprechend geschätzt habe. Beanspruche der Beklagte damit für den fraglichen Vertragszeitraum selbst eine Vergütung von geschätzt 28.400 EUR, so entspreche dies einer dem Beklagten zustehenden monatlichen Vergütung von mehr als 3.700 EUR brutto. Bei der Beurteilung des § 5 Abs. 3 ArbGgesetz sei diese von dem Beklagten als vertragsgemäß geforderte Vergütung maßgeblich, ohne dass es im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung bereits darauf ankommen könne, ob dem Beklagten diese Vergütung zu Recht zustehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG i.V.m. § 567 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 569 Abs. 1 und Abs. 2, 571, 572 ZPO. Sie ist auch begründet. Der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist nicht eröffnet. Für die Entscheidung über die Klage ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 3 ArbGG die Zuständigkeit der ArbG gegeben, die gem. § 2 Abs. 3 ArbGG auch hinsichtlich der Widerklage zuständig sind.

1. Der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet.

a) Zwar war der Beklagte unstreitig als selbständiger Handelsvertreter i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB für die Klägerin tätig, weshalb er im Verhältnis zur Klägerin kein Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG ist.

b) Eine Zuständigkeit der ArbG ist hier jedoch deshalb gegeben, weil der Beklagte nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG i.V.m. § 92a HGB trotzdem als Arbeitnehmer gilt.

aa) Gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG gelten selbständige Handelsvertreter (ausnahmsweise) als Arbeitnehmer i.S.d. ArbGgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistung des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsve...

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