Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung einer britischen Entscheidung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (hier: "Third Party Costs Order" des High Court Of Justice in London als Annex zu der abgewiesenen Klage gegen einen britischen Insolvenzverwalter (trustee) auf Freigabe eines angeblich nicht zur Insolvenzmasse gehörenden beschlagnahmten Gegenstands (hier: Bargeld) bzw. einer wertgleichen Bereicherung aus der Masse).

 

Normenkette

EuGVVO Art. 1 Abs. 1, 2b, Art. 32, 34 Nrn. 1-2, Art. 35, 38, 41, 53, 76

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 04.03.2011; Aktenzeichen 13 O 49/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.05.2014; Aktenzeichen IX ZB 35/12)

 

Tenor

Das Rechtsmittel des Antragsgegners wird - mit der Maßgabe, dass die Zahlungsverpflichtung gesamtschuldnerisch mit M. R. besteht - auf seine Kosten zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: Bis 25.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin war am 3.1.2007 im englischen Insolvenzverfahren über das Vermögen des deutschen Staatsbürgers M. R. zur Treuhänderin bestellt worden.

Am 5.6.2007 fand aufgrund eines von der Antragstellerin erwirkten richterlichen Durchsuchungsbeschlusses in einer R. zugerechneten Immobilie in England eine Hausdurchsuchung statt. Dabei wurden zeitgleich zwei an diese Anschrift adressierte, von D. ausgelieferte Päckchen abgefangen. In diesen, die als Absender die Anwaltskanzlei des Antragsgegners auswiesen, fanden sich - eingeklebt in zwei Zeitschriften - 10.000 EUR in bar. Das Geld wurde von der englischen Behörde vor Ort zugunsten der Insolvenzmasse beschlagnahmt.

R. verklagte die Antragstellerin auf Herausgabe des beschlagnahmten Geldbetrages und machte geltend, der beschlagnahmte Betrag gehöre dem Antragsgegner, der ihm das Geld, was dieser bestätigen könne, als Darlehen gegeben habe. Der Antragsgegner wurde deshalb als Zeuge gehört.

Durch Urteil vom 15.2.2008 entschied der High Court of Justice - Chancery Division - Bankruptcy Court zu Case No: 10553/05, dass der Geldbetrag zur Insolvenzmasse gehöre und von der Beschlagnahmestelle an die Antragstellerin und nicht an R. herauszugeben sei.

Die Zeugenaussage des Antragsgegners, dass es sich bei dem beschlagnahmten Geldbetrag um ein Darlehen an R. gehandelt habe, habe sich nicht als ehrlich und wahrhaftig erwiesen und sei als unzuverlässig einzuschätzen. Es habe sich nach Überzeugung des Gerichts bei dem Geldbetrag um Zahlungen gehandelt, die der Antragsgegner R. geschuldet habe und die demnach zur Insolvenzmasse gehörten.

Da R. als unterlegene Partei die Kosten der Antragstellerin aus dem Rechtsstreit wegen der Massezugehörigkeit der 10.000 EUR zu tragen haben würde, hierzu aber aufgrund seiner Insolvenz wirtschaftlich nicht in der Lage war, erstrebte die Antragstellerin eine "Third Party Costs Order" gegen den Antragsgegner.

Am 24.4.2008 entsprach der High Court of Justice nach mündlicher Verhandlung in Abwesenheit des Antragsgegners dem Gesuch der Antragstellerin vom 18.2.2008 um Erlass der Third Party Costs Order gegen den Antragsgegner.

Am 29.7.2008 entschied der High Court of Justice im Höheverfahren auf Gesuch der Antragstellerin, dass R. und dem Antragsgegner als Gesamtschuldnern die Abschlagszahlung von 20.000 brit. Pfund auf Basis der Costs Order vom 24.4.2008 aufgegeben werde.

Auf Gesuch der Antragstellerin hat die Vorsitzende der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf mit Beschluss vom 4.3.2011 angeordnet, die Costs Order des High Court of Justice, Bankruptcy, in London - No 10553 - 2005 - vom 29.7.2009 (richtig: 29.7.2008) mit folgendem Inhalt für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit der Vollstreckungsklausel zu versehen:

"Der Antragsgegner hat als Abschlagszahlung 20.000 brit. Pfund nebst 8 % Zinsen seit dem 12.8.2008 zu zahlen.

Der weiter gehende Zinsantrag wird zurückgewiesen."

Gegen diesen ihm am 18.3.2011 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 11.4.2011 eingegangenen Beschwerde.

Er macht geltend, es liege sowohl ein Versagungsgrund nach Art. 34 Abs. 2 als auch nach Art. 34 Abs. 1 EuGVVO vor. Es handele sich um eine Versäumnisentscheidung; er habe sich nicht auf das Verfahren eingelassen und auch nicht an einem Verhandlungstermin teilgenommen. Ihm sei weder ein verfahrenseinleitendes Schriftstück noch eine Ladung zu einer mündlichen Verhandlung, noch eine gerichtliche Entscheidung, sei es die abschließende Entscheidung in der Sache, sei es die Kostengrundentscheidung, sei es die Entscheidung über die Höhe der Kosten in einer verteidigungsfähigen Weise zugestellt worden.

Die Entscheidung verstoße zudem gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland. Ein Verfahren zwischen den Beteiligten habe es nicht gegeben, nur ein solches zwischen der Antragstellerin (dort Antragsgegnerin) und M. R. (dort Antragsteller), in dem um die Wirksamkeit einer Pfändung von 10.000 EUR gestritten worden sei. Er, der Antragsgegner, sei dort als Zeuge gehört worden; M. R. sei unterlegen. Als klar geworden sei, dass R. die Verfahre...

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