Verfahrensgang

LG Dresden (Entscheidung vom 09.11.2010; Aktenzeichen 8 O 207/09)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 09.11.2010 - 8 O 207/09 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens und der durch den Beitritt der Streithelferin in zweiter Instanz entstandenen Kosten.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin macht Restwerklohn geltend. Sie ist der Auffassung, sie bekäme den Verbau für Gräben mit einer Grabentiefe von über 4 m insgesamt nach der höheren Leistungsposition (50.3.20 des LV) vergütet. Die Beklagte ist der Auffassung, der Verbau für den 4 m Tiefe nicht überschreitenden Teil sei nach einer anderen - günstigeren - Leistungsposition (50.3.10 des LV) zu vergüten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es stützt sich -sachverständig beraten - im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin in Zusammenschau der beiden ausgeschriebenen Positionen mit dem Lageplan mühelos hätte erkennen können, dass sich der Vordersatz für die Position mit der größeren Tiefenangabe (50.3.20) allein auf die Teilfläche des Verbau ab einer Grabentiefe von 4,1 m bis 6 m bezog.

Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, der Wortlaut des Leistungsverzeichnisses sei eindeutig, zudem sei sie nicht zum Abgleich des Leistungsverzeichnisses mit den Plänen verpflichtet.

Die Klägerin beantragt:

Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 452.639,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 423.372,06 EUR seit dem 14.02.2008 bis 03.03.2008 sowie auf 453.639,43 EUR seit dem 19.07.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, denn die Ansprüche der Klägerin für die Gräben waren mit der Vergütung durch die Beklagte erfüllt.

1.

Die Klägerin war bereits aufgrund des Leistungsverzeichnisses für Zwecke ihrer eigenen Kalkulation gehalten, die Pläne heranzuziehen, um die - verschiedenen - Stellen, für die ein tieferer Verbau gefordert wurde, hinreichend einzuordnen.

Zwar meint die Klägerin, die Positionen seien aus sich heraus eindeutig, für ein ordnungsgemäße Kalkulation erachtet der Senat allerdings hier die Heranziehung der Pläne für unerlässlich. Denn nur so kann die Klägerin verlässlich einschätzen, in wievielen Fällen sie die geplante andere Technologie für tieferen Verbau zum Einsatz bringen muss. Anderenfalls müsste sie spekulativ kalkulieren, was jedenfalls keine Schutzwürdigkeit eines - nach Auffassung des Senats ohnehin nicht bestehenden - Vertrauens auf den Ausschreibungstext zu begründen vermag (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13.Aufl., Rn. 1421 m.w.N.).

Die Pläne selbst jedoch geben - so das Ergebnis des überzeugenden Gutachtens - eine Sachlage wieder, die allein rechtfertigt, die Bezahlung bis vier Meter Tiefe nach der Leistungsposition 50.3.10 des LV, für den Bereich über vier Meter nach der Leistungsposition 50.3.20 zu vergüten.

Aufgrund der zeichnerischen Festlegungen konnte sich die Klägerin ohne Weiteres die Vordersätze der Leistungspositionen dergestalt herleiten, dass nur die 4 m überschreitende Tiefe höher verrechnet werden kann. Der Klägerin war es dabei möglich, die angegebenen Quadratmeterzahlen zu schätzen. Das hat das Landgericht zu Recht aus den Bekundungen des Sachverständigen hergeleitet.

Soweit die Klägerin demgegenüber auf eine mögliche Anfüllung des Geländes abstellt, aufgrund derer sich dann ihre Berechnung rechtfertigen würde, so trifft dies nach den Erläuterungen des Sachverständigen nicht zu. Die Kalkulation hat demnach von den Planhöhen auszugehen, im Zweifelsfalle hätte die Klägerin bei dieser Sachlage nachfragen müssen.

2.

Unabhängig davon ist das Leistungsverzeichnis nicht eindeutig, wird dies aber durch Heranziehung der Pläne.

Die Unklarheit des Leistungsverzeichnisses ergibt sich daraus, dass eine Leistungsposition eine "Grabentiefe 'bis 4,0 m'" (LV 50.3.10), die nachfolgende eine "Grabentiefe '4,01 bis 6,0 m'" (LV 50.3.20) aufführt. Aus objektivierter Sicht der Klägerin (§§ 133, 157 BGB) war damit jedenfalls unklar, inwieweit bei der "tieferen" Leistungspositon ab 4,01 m zu rechnen ist oder bis zur jeweiligen Tiefe. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Ausschreibungsposition isoliert eindeutig sei. Bereits wegen der unklaren Abgrenzung der Positionen kann die Beklagte hierbei nicht stehen bleiben, sondern musste eine Gesamtbetrachtung vornehmen. Dieses Ergebnis der Auslegung bestätigt der Sachverständige, denn auch nach dessen Auffassung ist unabhängig von dem Wortlaut der Einzelposition eine Gesamtschau erforderlich.

Bei der Gesamtbetrachtung war die Unklarheit durch die Heranziehung der Pläne zu klären.

Unklarheiten sind primär durch Auslegung zu klären. Für die Klärung des Angebots ist die...

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