Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 28.03.2003; Aktenzeichen 1 HKO 2075/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 28.3.2003 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 100.000 EUR.

 

Gründe

I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Beklagte wurde vom LG verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken selbst oder durch Dritte Ausschreibungstexte des Sächsischen Ausschreibungsblattes wiederzugeben, da die Beklagte gegen § 87b Abs. 1 UrhG verstoße und eine Rechtsverletzung auch nicht wegen § 5 Abs. 2 UrhG oder aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ausgeschlossen sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und verweist wie bereits im landgerichtlichen Verfahren insbesondere darauf, es liege keine Datenbank i.S.d. § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG vor, jedenfalls greife aber § 5 Abs. 2 UrhG, da es sich um amtliche Werke handele. Außerdem sei das Handeln der Beklagten aus kartellrechtlichen Gründen gerechtfertigt, insbesondere liege der Missbrauchstatbestand des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB vor.

Die Berufungsklägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II. Auch wegen der Begründung wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Zusammenfassend: Das LG hat der Klägerin zu Recht aus § 97 Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 UrhG den tenorierten Unterlassungsanspruch zugesprochen. Die Beklagte verstößt gegen § 87b Abs. 1 UrhG, indem sie die aus den Veröffentlichungen der Klägerin entnommenen Ausschreibungstexte ihrem wesentlichen inhalt nach in ihren Prublikationen veröffentlicht. Diese Rechtsverletzung ist auch unter Berücksichtigung kartellrechtlicher Gesichtspunkte nicht gerechtfertigt.

A. Die Beklagte hat das der Klägerin als Datenbankherstellerin (§ 87a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 UrhG) zustehende Vervielfältigungsrecht aus dem Leistungsschutzrecht gem. § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG verletzt, indem sie die dem Sächsischen Ausschreibungsblatt oder der inhaltsgleichen Online-Variante entnommenen Ausschreibungstexte ihrem wesentlichen Inhalt nach veröffentlichte.

1. Sowohl beim Sächsischen Ausschreibungsblatt als auch bei der zugehörigen Online-Variante handelt es sich um Datenbanken i.S.d. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG.

a) Beide stellen eine Sammlung von Daten dar, die systematisch angeordnet und einzeln zugänglich sind. Anders, als das herkömmliche Verständnis des Begriffes der Datenbank nahe legen mag, fallen hierunter nicht nur elektronische Datenbanken, sondern auch Datensammlungen, die auf andere Weise - beispielsweise wie hier in der Form eines Printmediums - zusammengestellt sind (s. BGH ZUM 1999, 683 - Tele-Info-CD; Schricker/Vogel, UrhG, 2. Aufl., Vor §§ 87a ff. Rz. 5 und 7; Fromm/Nordemann, UrhG, 9. Aufl., § 4 Rz. 2 f.; Flechsig, ZUM 1997, 577, 579; a.A. Hertin, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 9. Aufl., § 87a Rz. 5). Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte (s. Schricker/Vogel, a.a.O., Rz. 8 f., m.w.N.) und dem Wortlaut der den §§ 87a ff. UrhG zugrundeliegenden Datenbankrichtlinie (Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.3.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. EG Nr. L 77 v. 27.3.1996, S. 20; abgedruckt in GRUR-Int. 1996, 806), die nach § 137g Abs. 2 UrhG auch auf vor deren Inkrafttreten am 1.1.1989 hergestellte Datenbanken Anwendung findet. So bezeichnet der Ausdruck "Datenbank" nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie - mit dem § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG fast wörtlich übereinstimmt - eine "Sammlung von ... Daten ..., die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind". Diese Auslegung wird ferner durch den Erwägungsgrund 14 der Datenbankrichtlinie gestützt.

b) Das Ausschreibungsblatt und die zugehörige Online-Datenbank erforderten und erfordern nach Art und Umfang wesentliche Investitionen der Klägerin. Dies ergibt sich aus den erheblichen sachlichen und personellen Aufwendungen für die Erstellung der Datensammlung.

Auf das angefochtene Urteil des LG (Bl. 7 ff. I 1b = Bl. 264 ff. DA), das auf das Urteil des Senats vom 18.9.2000 (Az. 14 U 1153/00 = ZUM 2001, 595 ff.) verwiesen.

2. Eine Rechtsverletzung kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, beim Sächsischen Ausschreibungsblatt und der zugehörigen Online-Version handele es sich um Amtliche Werke, die gem. § 5 Abs. 2 UrhG vom urheberrechtlichen Schutz ausgenommen sind.

a) Ob insbeso...

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