Leitsatz (amtlich)

1. Eine kreditfinanzierte Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds kann ein verbundenes Geschäft darstellen; im Falle des Ausscheidens aus der Fondsgesellschaft kann der Anleger in diesem Fall den ihm zustehenden Anspruch auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens einem Rückzahlungsanspruch des Kreditinstitutes im Wege des Einwendungsdurchgriffes gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG a.F. entgegenhalten. Ein wirksamer Widerruf des Darlehensvertrages nach dem HWiG zieht die Unwirksamkeit eines im Verbund stehenden Fondsbeitrittes nach sich (Fortführung der Grundsätze des BGH, Urt. v. 21.7.2003 – II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188).

2. Im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit eines auf das HWiG gestützten Widerrufs des Darlehensvertrages kann nach den zu § 123 BGB entwickelten Grundsätzen der Bank eine bei der Anbahnung des Darlehensvertrages bestehende Haustürsituation nicht schon bei Kenntnis vom Tätigwerden eines gewerblichen Vermittlers zugerechnet werden (Aufgabe der im OLG Dresden, Urt. v. 15.11.2002 – 8 U 2987/01, OLGReport Dresden 2003, 190 = BKR 2003, 114 ff., zugrunde gelegten Zurechnungskriterien).

3. Zu den im Vorfeld von Darlehensvertragsschluss und Fondsbeitritt bestehenden Aufklärungspflichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und der steuerlichen Abzugsfähigkeit eines bei Auszahlung der Kreditsumme in Abzug gebrachten Disagios.

 

Verfahrensgang

LG Bautzen (Urteil vom 16.04.2003; Aktenzeichen 4 O 952/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bautzen vom 16.4.2003 – Az: 4 O 952/01 – unter Aufhebung im Kostenpunkt abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.741,75 Euro nebst Zinsen aus 20.634,49 Euro i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz seit dem 18.9.2001 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 1.1.2002 zu zahlen.

b) Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 22.408,70 Euro (43.827,60 DM) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Rückzahlung eines wegen Zahlungsverzuges gekündigten Darlehens, welches ihre Rechtsvorgängerin im Jahre 1994 der Beklagten für den Erwerb eines Anteils an dem geschlossenen Immobilienfonds „Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR L.” (Fonds Nr. 33) gewährt hatte. Die Beklagte hat im Jahr 2001 den Darlehensvertrag nach dem HWiG widerrufen und im Jahr 2000 die Fondsbeteiligung fristlos gekündigt. Mit ihrer Widerklage verlangt sie Rückgewähr der erbrachten Leistungen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich Zahlung von 20.741,75 Euro (40.567,33 DM) nebst Zinsen verlangt (rückständige Darlehensverbindlichkeit 35.240 DM zzgl. Zinsrückständen unter Berücksichtigung erfolgter Mietausschüttungen 5.908,59 DM, Kosten für Rücklastschriften 15 DM, Vorfälligkeitsentschädigung 259,20 DM abzgl. anteiliges Disagio 855,46 DM). Die Beklagte hat widerklagend Rückzahlung der bezahlten Zinsen i.H.v. 1.834,31 Euro (3.587,60 DM) nebst Zinsen sowie Rückabtretung der an die Klägerin abgetretenen Ansprüche aus Lebensversicherungen begehrt. Im Übrigen ergibt sich der Sachverhalt aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Widerklage hat es stattgegeben mit der Maßgabe, dass die Beklagte Zug um Zug ihren gegen die Fondsgesellschaft gerichteten Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben i.H.v. 5.777,60 Euro abzutreten habe. Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Darlehensrückzahlung zu, weil die Beklagte ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung wirksam nach dem HWiG widerrufen habe. Trotz des wirksamen Widerrufes könne die Klägerin gleichwohl nicht die Darlehensvaluta gem. § 3 Abs. 1 HWiG von der Beklagten zurückfordern, weil Kreditvertrag und Fondsbeteiligung ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 VerbrKrG bildeten. Daher seien der Kreditbetrag und die Forderung der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft auf Rückzahlung der Einlage miteinander zu verrechnen. Aus den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft folge nichts Gegenteiliges. Diese seien im Streitfall ausnahmsweise nicht anwendbar. Es sei hier nicht geboten, das in § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG zum Schutz der Verbraucher angeordnete Prinzip einer vollständigen Verrechnung von Entgelt und Kredit zu Gunsten der Bank hinter den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zurücktreten zu lassen.

Die Widerklage sei überwiegend begründet. Die Beklagte könne die von ihr auf den Kreditvertrag erbrachten Leistungen gem. § 3 HWiG zurückverlangen, jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung des ihr zustehenden Anspruches auf das Ausei...

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