Leitsatz (amtlich)

1. Die Änderung der Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerkes kann wirksam durch Anklicken einer Schaltfläche in einem "pop-up"-Fenster erfolgen (Festhaltung Senat, Beschluss vom 19. November 2019 - 4 U 1471/19, juris).

2. Auskunftsansprüche gegen den Betreiber eines sozialen Netzwerkes, ob und durch welches beauftragte Drittunternehmen die Löschung eines Beitrages vorgenommen wurde, kommen mangels einer schuldrechtlichen Sonderbindung nicht in Betracht.

3. Die Löschung von Posts ist grundsätzlich einer Verarbeitung von Daten im Sinne der DSGVO; sie stellt jedoch für sich genommen noch keinen ersatzfähigen Schaden dar (Festhaltung Senat, Beschlusse vom 11. Dezember 2019 - 4 U 1680/19, juris).

 

Verfahrensgang

LG Görlitz (Aktenzeichen 6 O 122/19)

 

Tenor

1) Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Görlitz - Außenkammern Bautzen - vom 11.03.2020 - 6 O 122/19 - wird zurückgewiesen.

2) Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4) Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 13.500,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger unterhält auf einem von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerk ein Nutzerkonto. Er nimmt die Beklagte wegen der Löschung eines von ihm geposteten Beitrags und wegen der 30-tägigen Sperrung seines Nutzerkontos in Anspruch und macht hierbei diverse Ansprüche geltend. Wegen der Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der von der Beklagten gelöschten Äußerung, Ausgestaltung ihrer Gemeinschaftsstandards und Nutzungsbedingungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe sowohl die überragende Marktmacht der Beklagten außer Acht gelassen als auch den Vertragszweck des zwischen den Parteien geschlossenen Nutzervertrages verkannt. Die Äußerung hätte bei einer zutreffenden Gewichtung der widerstreitenden Grundrechte als zulässig angesehen werden müssen. Da die Plattform der Beklagten keine thematische Eingrenzung vorsehe, stehe der Beklagten auch kein Ermessen bei der Beschränkung der Inhalte zu. Sowohl die neuen als auch die alten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten seien unwirksam, darüber hinaus seien die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam einbezogen.

Der Kläger beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 11.03.2020, Az.: 4 U 784/20 wird teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den am 30.01.2019 gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht wird und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten kein Recht zustand, den unter Ziffer 4. genannten, am 30.01.2019 gelöschten Beitrag des Klägers auf der Plattform www.XXX.com zu entfernen und gegen den Kläger wegen dieses Beitrags eine Sperre in Form einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Plattform, vorgenommen am 30.01.2019, zu verhängen.

4. Der Beklagten wird aufgegeben, den am 30.01.2019 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten.

"I... F... Die geringsten Brüder (und Schwestern) kommen aber nicht. Die hätten auch andere Sorgen, als unsere Frauen anzugrapschen (oder zu ermorden) und Ämter zu zerlegen, wen sie nicht genug Geld bekommen. Invasoren aufzunehmen fordert Jesus nicht von uns. Und fremde Götter ins Land zu lassen gleich gar nicht."

5. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des in Ziffer 4. genannten Textes auf www.XXX.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen, wenn sich dieser auf einen Artikel mit dem Titel "Menschen in Seenot muss geholfen werden" bezieht. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gemäß Ziffer 3. durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall, durch welches.

7. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2019 zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe...

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