Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Mietzinsanspruch für Karstadtgeschäftshäuser in Leipzig

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen 7 HKO 3990/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.11.2012; Aktenzeichen IX ZR 77/11)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 31.8.2010 - Az.: 7 HKO 3990/09 - wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss: Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis 2.650.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. AG (künftig: Schuldnerin), das mit Beschluss des AG Essen vom 1.9.2009 eröffnet wurde. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von Miete für die Warenhausimmobilie in der ... straße in ... für die Monate September bis Dezember 2009.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß im Urkundenprozess verurteilt und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Der Beklagte wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag und vertieft seine Darlegung der Krise der Schuldnerin im Herbst 2008.

Er ist der Auffassung, das LG habe das Vorliegen einer objektiven Gläubigerbenachteiligung zu Unrecht verneint. Es sei von einer zu formalen Betrachtungsweise des Begriffs Vermögensverschiebung ausgegangen. Die Gläubigerbenachteiligung habe sich nach Insolvenzeröffnung realisiert, weil die Klägerin nicht nur eine einfache, quotal zu befriedigende Insolvenzforderung aus der Einstandspflicht gemäß dem Mietverschaffungsvertrag, sondern eine vollständig zu bedienende Masseforderung gehabt habe. Wirtschaftliches Ziel der Vertragsübernahme sei eine Privilegierung der Klägerin im Insolvenzfall gewesen, die anderenfalls eine Masseforderung nur gegen eine kapitalschwache Mieterin gehabt hätte.

Es sei allgemein anerkannt, dass der Austausch des (späteren Insolvenz-)Schuldners gegen einen anderen eine Gläubigerbenachteiligung darstellen könne, da die Bonität des jeweiligen Schuldners zu berücksichtigen sei. Eine wertungsmäßig vergleichbare Konstellation sei vorliegend gegeben, da die Klägerin durch die Vertragsübernahme eine bonitätsstärkere Schuldnerin erhalten habe.

Die Ansicht des LG konterkariere den Zweck der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften und öffne Gläubigern, die besonders enge Beziehungen zum späteren Insolvenzschuldner haben und zudem insolvenzrechtlich gut beraten seien, Tür und Tor für eine Aushebelung der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände.

Der Beklagte rügt, das LG habe bei der Frage des Missverhältnisses zwischen Miethöhe und Mietgebrauch nicht berücksichtigt, dass unstreitige Tatsachen nicht des Urkundenbelegs bedürften. Ferner habe es zu Unrecht die Anlagen B 58 und B 59 nicht als Urkunde i.S.d. § 592 ZPO gewertet. Dass die vereinbarte Miete überhöht gewesen sei, lasse sich unschwer daraus schließen, dass die Klägerin das streitgegenständliche Warenhaus ab dem 1.1.2010 zu einem deutlich niedrigeren Mietzins an die K. GmbH vermietet habe. Dieser Umstand sei unstreitig und habe daher nicht durch Urkunden bewiesen werden müssen. Auch dass nunmehr eine Umsatzmiete vereinbart worden sei, beweise, dass die ursprünglich vom Umsatz unabhängige Miete nicht marktgerecht gewesen sei. Zudem habe der Beklagte mit den Anlagen B 58 und B 59 Urkunden i.S.d. § 592 ZPO zum Beweis der überhöhten Miete vorgelegt. Auf diese sei das LG mit keinem Wort eingegangen.

Des Weiteren vertieft der Beklagte seine Darlegungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 134 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO.

Schließlich meint der Beklagte, mit dem schlichten Hinweis, der Einwand des § 826 BGB sei weder dargelegt noch bewiesen, genüge das angefochtene Urteil offensichtlich nicht den Anforderungen des § 313 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO. Der Beklagte habe den Lebenssachverhalt dargelegt; diesen sachlich zu würdigen sei Sache des Gerichts. Dies habe das LG ersichtlich unterlassen. Bei Würdigung der vom Beklagten dargelegten Indiztatsachen sei der Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB unproblematisch. Der Schaden liege in der durch Vertragsübernahme herbeigeführten Benachteiligung der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Die Sittenwidrigkeit sei darin zu sehen, dass der Vorstand der Insolvenzschuldnerin vor Abschluss des Vertrags trotz der Krise der Schuldnerin keine weitere Aufklärung und Prüfung der Finanzlage und einer möglicherweise drohenden Insolvenz vorgenommen habe und in vollem Bewusstsein der drohenden Zahlungsunfähigkeit den streitgegen...

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