Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauvertrag - Spontanbruch bei Einscheibensicherheitsglas: Mangel?

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist die Heißlagerung der ESG-Scheiben vereinbart, so führt allein das Fehlen des Heißlagerungstests zur Mangelhaftigkeit der Scheiben.

2. Die Beweislast für die Durchführung des Heißlagerungstests trägt der Auftragnehmer.

3. Die fehlende Kennzeichnung als ESG-Glas führt nicht zu einem Mangel der Scheiben, sofern sie wie geschuldet funktionstauglich sind.

4. Ein Feststellungsantrag, mit dem eine Gewährleistungspflicht festgestellt werden soll, hat die Mängel im Einzelnen so genau zu bezeichnen, dass kein Zweifel darüber entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht. Ein Feststellungsantrag ist unzulässig, wenn nicht erkennbar ist, welche Mängel er zum Gegenstand hat. Er genügt dann nicht den Anforderungen, die an, einen bestimmten Antrag zu stellen sind.

5. Es besteht für eine Feststellungsklage im Bauprozess in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, weil entscheidende Fragen nicht geklärt werden und deshalb nicht zu erwarten ist, dass der Streit zur Höhe ohne einen weiteren Prozess beendet wird.

 

Normenkette

BGB a.F. § 635; BGB § 651 Abs. 1 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Urteil vom 09.05.2008; Aktenzeichen 1 HK O 2852/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Chemnitz vom 9.5.2008 - 1 HK O 2852/05 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) den Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die in dem als Anlage K 1 beigefügten Einbauplan gekennzeichneten und am Bauvorhaben "Universitätshochhaus J." (Intershoptower, J.) eingebauten Glaspaneelelemente, nämlich

a) 336 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 7.7.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

b) 112 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 3.8.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

c) ein von der Beklagten für die Klägerin zu 1) gefertigtes und am 11.10.2000 geliefertes Glaspaneelelement, Fabrikat "Emallit antelio silber",

d) 112 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 4.4.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

e) 168 von der Beklagten für die Kläger zu 1) angefertigte und am 2.5.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

f) 2 von der Beklagten für die Klägerin zu 1) angefertigte und am 15.6.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

mangelhaft sind, weil der für diese Glaspaneelelemente vorgeschriebene Heißlagerungstest gemäß DIN 18516 Teil 4, Fassung Februar 1990, nicht durchgeführt wurde.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) den Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die in dem als Anlage K 2 beigefügten Einbauplan gekennzeichneten und am Bauvorhaben "Universitätshochhaus J." (Intershoptower, J. eingebauten Glaspaneelelemente, nämlich

a) 405 von der Beklagten, für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 4.7.2000 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

b) ein von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigtes und am 4.10.2000 geliefertes Glaspaneelelement, Fabrikat "Emallit antelio silber",

c) 113 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 28.3.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

d) 168 von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 27.4.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

e) 4von der Beklagten für die Klägerin zu 2) angefertigte und am 9.5.2001 gelieferte Glaspaneelelemente, Fabrikat "Emallit antelio silber",

Mangelhaft sind, weil der für diese Glaspaneelelemente vorgeschriebene Heißlagerungstest gemäß DIN 18516 Teil 4, Fassung Februar 1990, nicht durchgeführt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Jeder Nebenintervenient trägt seine Kosten der Nebenintervention selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

- Streitwert für das Berufungsverfahren: 300.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen bestellten bei der Beklagten Glaspaneelelemente unter Bezugnahme auf das Angebot der Beklagten vom 3.2.2000 (K 72). Dabei bestellte die Klägerin zu 1) 731 Elemente, die Klägerin zu 2) 790 Elemente. In dem Angebot heißt es zur technischen Beschreibung zum Aufbau der Glaspaneele: "... ESG HST ...". Die ESG-Kennzeichnung steht für Einscheiben-Sicherheitsglas, HST für Heat Soak Test (= Heißlagerungstest, im Folgenden: HLT). Die Beklagte bestellte di...

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