Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an den Beweis des äußeren Bildes nach einem Fahrzeugdiebstahl.

2. Die unterlassene Beweiserhebung eines Zeugen kann mit der Berufung nicht mehr gerügt werden, wenn erstinstanzlich auf dessen Vernehmung verzichtet wurde. Ein solcher Verzicht liegt vor, wenn eine Partei eine vom Ausgangsgericht gesetzte Frist zur Stellungnahme, ob an der Vernehmung des Zeugen trotz Beiziehung einer Strafakte festgehalten werden soll, verstreichen lässt.

3. Eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung des Fahrzeughalters liegt dann nicht vor, wenn er den Fahrzeugschlüssel einem Dritten übergibt, der ihm versichert, diesen gesichert zu verwahren.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 3 O 206/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 28.02.2018, Az 3 O 206/16, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.012,82 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 31.012,82 EUR seit dem 21.11.2014 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 749,34 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten an die Klägerin zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Verfahrenskosten, die allein der Klägerin auferlegt werden, tragen von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz die Klägerin 9 % und die Beklagte 91 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 34.046,43 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsleistungen nach behaupteter Entwendung eines Fahrzeugs, das beschädigt wieder aufgefunden wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beiziehung der Strafakte des Jugendschöffengerichts Leipzig, Anhörung der Klägerin und Einvernahme eines Zeugen stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie rügt, das Landgericht sei dem von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis nicht hinreichend nachgekommen. Insbesondere habe es sich nicht mit den Aussagen der Zeuginnen H. und T. auseinandergesetzt, die unabhängig voneinander das Fahrzeug bereits am Morgen des angeblichen Tags der Entwendung am späteren Abstellort gesehen hätten. Zudem habe es pflichtwidrig den Zeugen K. nicht vernommen, der den Vorwurf der Entwendung des Fahrzeugs bestritten habe und wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen freigesprochen worden sei. Zumindest sei die Entwendung aber grob fahrlässig herbeigeführt worden, da der Zeuge Ix., der als Repräsentant der Klägerin anzusehen sei, den Diebstahl grob fahrlässig ermöglicht habe, indem er die Fahrzeugschlüssel während des Partyaufenthaltes nicht bei sich geführt habe. Schließlich sei auch nach Ziffer A.2.10 AKB die geltend gemachte Mehrwertsteuer wegen der behaupteten Ersatzanschaffung nicht geschuldet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 28.02.2018, Az 3 O 206/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

Die Akten der Staatsanwaltschaft Leipzig zum Az. 410 Js 40006/14 wurden beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.08.2018 ergänzend Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat nur in geringem Umfang Erfolg. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin Versicherungsschutz für die nach Entwendung und unbefugtem Gebrauch des versicherten Fahrzeugs entstandenen Schäden aus dem Versicherungsvertrag gegen die Beklagte zusteht.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz von der Höhe nach unstreitigen Reparaturkosten wegen der am 16.06.14 festgestellten Beschädigungen des versicherten Fahrzeugs ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Kasko-Versicherungsvertrag. Nach den Regelungen der dem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die KfZ-Versicherung (im folgenden: AKB 10.2010) unter A.2.2.2. und A.2.2.2. besteht Versicherungsschutz für Unfallschäden, die nach einer unbefugten Entwendung bei unbefugtem Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.

a) Die für den Eintritt des Versicherungsfalles darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat bewiesen, dass die geltend gemachten Fahrzeugschäden nach Entwendung des auf d...

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