Leitsatz (amtlich)

1. Überlässt der Verbraucherdarlehensnehmer den gekauften Pkw - im Rahmen eines der finanzierenden Bank nicht bekannten "Anlagemodells" - von Anfang an dem zum Zwecke der Weitervermietung anmietenden Vermittler des Kauf- und des Darlehensvertrages, ohne Kenntnis von dem in den Darlehensbedingungen enthaltenen Vermietungsverbot zu haben, ist vor Ausspruch einer auf diese Vertragsverletzung gestützten fristlosen Kündigung der Bank eine vorherige Abmahnung regelmäßig nicht gem. § 314 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich.

2. Verwertet die Bank nach unwirksamer fristloser Kündigung des Darlehensvertrages und dadurch erzwungener Herausgabe das finanzierte Fahrzeug, stehen ihr gegen den Darlehensnehmer lediglich vertragliche Ansprüche für die Zeit bis zur unberechtigten "Wegnahme" zu. Die Rücktrittsfiktion des § 503 Abs. 2 Satz 5 BGB und die hieran anknüpfenden Rechtsfolgen treten nicht ein.

 

Normenkette

BGB § 314 Abs. 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 503 Abs. 2 S. 5

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 11.01.2007; Aktenzeichen 4 O 2537/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Leipzig vom 11.1.2007 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Die durch die Nebenintervention in beiden Rechtszügen verursachten Kosten trägt die Nebenintervenientin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 12.573,41 EUR.

 

Gründe

I. Die in Leipzig wohnhafte Beklagte finanzierte über die Klägerin mit auf den 14.12.2005 datiertem Darlehensvertrag den Kauf eines erstmals am 30.11.2005 zugelassenen Pkw Opel Astra Caravan zum Preis von 21.000 EUR von der.. GmbH, der Streithelferin der Klägerin. Das Fahrzeug überließ sie von Anfang an - auf der Grundlage eines von ihr gleichzeitig mit dem Darlehensvertrag am 15.12.2005 unterzeichneten Mietvertrages - dem bei der Anbahnung und dem Abschluss von Kauf- und Darlehensvertrag beteiligten, zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft Arnsberg neben dem Verkaufsleiter W. des Autohauses angeklagten Finanzkaufmann W. F. Dieser sollte es absprachegemäß im Rahmen eines der Beklagten, aber auch zahlreichen anderen schmackhaft gemachten "Anlagemodells" an einen Dritten weitervermieten. Die schriftlichen Vertragsbedingungen des Darlehensvertrages verboten der Beklagten eine Vermietung. Im Hinblick auf diesen im Januar 2006 zu ihrer Kenntnis gelangten Verstoß kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag - wie in etlichen Parallelfällen auch - mit Schreiben vom 24.1.2006 fristlos. Der im Kündigungsschreiben genannten Aufforderung, sich umgehend in den Besitz des Fahrzeugs zu bringen und es zurückzugeben, kam die Beklagte nach. Die Klägerin verwertete es. Die erste Darlehensrate, deren Fälligkeit im Darlehensvertrag auf den 1.2.2006 bestimmt war, hat die Beklagte gezahlt.

Der auf Zahlung von 12.573,41 EUR - "Nettorestkredit per 25.1.2006" (22.343,41 EUR) abzgl. Nettoverwertungserlös (9.850 EUR) zzgl. "Bearbeitungsgebühr" (80 EUR) - gerichteten Klage hat das LG stattgegeben; Verzugszinsen aus diesem Betrag hat es aufgrund eines offensichtlichen Schreibversehens seit dem 27.5.2005 (richtig: 27.5.2006) zugesprochen. Mit der zulässigen Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Über das Vermögen der Streithelferin ist mittlerweile ein Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig. Ihr namensgebender Geschäftsführer und Gesellschafter hat sich bereits zuvor das Leben genommen.

II. Die Berufung hat Erfolg und führt unter Abänderung des angegriffenen Urteils zur Abweisung der Klage.

1. Einer abschließenden Entscheidung steht die Anordnung des AG Arnsberg vom 5.6.2007, mit der es der Streithelferin zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse - über die im Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24.5.2007 getroffenen Anordnungen hinaus - ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat, nicht entgegen. Dadurch ist der vorliegende Rechtsstreit nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen. Der Rechtsstreit betrifft bei einfacher Nebenintervention nicht unmittelbar die Insolvenzmasse (BGH, Beschl. v. 27.1.2000 - I ZR 159/99, www. bundesgerichtshof. de).

2. Der geltend gemachte Anspruch besteht nicht, weil die fristlose Kündigung vom 24.1.2006 unwirksam war.

a) Anders als die Klägerin bei Ausspruch der Kündigung meinte, folgt ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht aus § 10 Nr. 1 Satz 2 Buchst. e ihrer in den Vertrag einbezogenen Darlehensbedingungen (AGB).

Die in § 10 Nr. 1 Satz 2 AGB aufgeführten Tatbestände dienen dazu, den "wichtigen Grund", der den Darlehensgeber nach Satz 1 der Klausel zur fristlosen Kündigung berechtigt, beispielhaft zu benennen. Soweit hier von Interesse, verschafft Buchst. e dem Darlehensgeber die sofortige Kündigungsmöglichkeit dann, wenn "das Finanzierungsobjekt nicht in den Besitz des Darlehensnehmers gelangt". Das war hier nicht der Fall. Die Beklagte hat zwar keinen unmittelbar...

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