Leitsatz (amtlich)

§ 17a GVG ist im Verhältnis zwischen allgemeinen Zivilgerichten und Familiengerichten (entsprechend) auch im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens anwendbar. Ein bei dem jeweiligen unzuständigen Gericht anhängig gemachtes Prozesskostenhilfegesuch ist daher nicht mangels Zuständigkeit abzuweisen, sondern an das zuständige Gericht zu verweisen.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Beschluss vom 04.03.2016; Aktenzeichen 2 O 664/15)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Zwickau vom 04.03.2016 aufgehoben:

Das Verfahren wird - mangels sachlicher Zuständigkeit des LG - an das zuständige AG - Familiengericht - Auerbach zur Entscheidung über das Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragstellers verwiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind - mit Beschluss des AG Auerbach vom 27.01.2014 - geschiedene Eheleute.

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, in dem er beabsichtigt zu beantragen, die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn zum einen 37.716,09 EUR sowie weitere 6.390,10 EUR, jeweils zuzüglich Zinsen, zu bezahlen.

Der Antragsteller begründet den ersten Antrag mit einem der Antragsgegnerin am 02.05.2005, also noch vor der Eheschließung am 08.10.2005, gewährten Darlehen. Er behauptet, die Antragsgegnerin habe das Darlehen nicht zurückgezahlt.

Die von den Eheleuten am 15.06.2012 geschlossene Scheidungsvereinbarung, in der sich die Antragsgegnerin verpflichtete, an den Antragsteller 5.000,00 EUR zur Abgeltung aller Ansprüche gleich welcher Art zu zahlen und in der festgehalten ist, dass "irgendeine Ausgleichsleistung über die in dieser Urkunde abgegebenen Verzichtserklärungen hinaus ... nicht zu erbringen" ist, steht dem nach Auffassung des Antragstellers nicht entgegen. Er hat sich in dem Entwurf seiner Klageschrift zunächst noch auf die Wirksamkeit dieser Vereinbarung berufen, die Abgeltungsklausel aber als Schenkung des Darlehens betrachtet, die er widerrufen habe. Nunmehr ist er der Auffassung, die gesamte Scheidungsvereinbarung sei unwirksam, weil er sie bereits am 13.06.2013 mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten angefochten habe.

Den zweiten Antrag stützt er darauf, dass die Antragsgegnerin ein gemeinsames Sparkonto, dessen Guthaben er allein eingezahlt habe, noch vor Abschluss der Scheidungsvereinbarung aufgelöst und den Guthabenbetrag auf eines ihrer Konten überwiesen habe. Hierbei habe sie auf dem Kontoauflösungsantrag die Unterschrift des Antragstellers gefälscht.

Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Ansprüchen die uneingeschränkte Abgeltungsabrede in der Scheidungsvereinbarung vom 15.06.2012 entgegenstehe. In der auf die Beschwerde ergangenen Nichtabhilfeentscheidung hat es ergänzt, dass die sachliche Zuständigkeit des LG fraglich, vielmehr eine Familiensache naheliegend sei.

II. Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als der Beschluss des LG mangels sachlicher Zuständigkeit des LG aufzuheben und das Prozesskostenhilfeverfahren an das zuständige Familiengericht zu verweisen ist (§ 17a GVG).

1. Diese Vorschrift gilt auch im Prozesskostenhilfeverfahren.

Das ist umstritten. Nach der Gegenauffassung kommt eine Verweisung eines isolierten Prozesskostenhilfeantrages nach § 17a GVG nicht in Betracht. Hierfür bestehe kein sachlicher Grund, weil ablehnende Prozesskostenhilfebeschlüsse nicht in materielle Rechtskraft erwüchsen. Eine Verweisung ließe sich daher mit der Regelung des § 17a GVG systematisch nicht vereinbaren. Ein Bedürfnis, im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren über die gerichtliche Zuständigkeit eine bindende Entscheidung zu treffen, bestehe nicht, weil auch keine Rechtshängigkeit in der Sache vorliege (Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.08.2014, 5 C 14.1654, juris, Rdn. 3; Lückemann in Zöller, ZPO, 31. Aufl., vor § 17 GVG Rdn. 12).

Das überzeugt nicht. Wie das OLG Dresden bereits entschieden hat, ist es Sinn und Zweck der Vorabentscheidungen über den Rechtsweg nach § 17a GVG zu verhindern, dass der Rechtssuchende bei einem negativen Kompetenzkonflikt der möglicherweise zuständigen Gerichte auf der Strecke bleibt. Dieser Konflikt gilt im Prozesskostenhilfeverfahren ebenso wie im Hauptsacheverfahren. Zwar ist es richtig, dass ein in der Zivilgerichtsbarkeit gestellter Prozesskostenhilfeantrag, der (formell) rechtskräftig abgewiesen wurde, vor einem Familiengericht erneut gestellt werden kann, ohne dass dieser Antrag wegen der bereits erfolgten Ablehnung unzulässig wäre. Allerdings ergibt sich in diesen Fällen die Möglichkeit des Kompetenzkonfliktes dadurch, dass auch das Familiengericht den Antrag wegen der aus seiner Sicht nicht vorhandenen Zuständigkeit ablehnt. Diesen Kompetenzkonflikt zu lösen ist Aufgabe der §§ 17 ff. GVG. Der Senat hält die Vorschriften daher auch im Prozesskostenhilfeverfahren für anwendbar (ebenso OLG Dresden, Beschluss vom 29.10.2002, 11 W 1337/02; Oberverwaltungsgericht f...

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