Leitsatz (amtlich)

1. Die sofortige Beschwerde ist auch dann nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaft, wenn der Beklagte zuvor ein Anerkenntnis "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgegeben" und das Ausgangsgericht bezüglich der Kosten ein Schlussurteil erlassen hat.

2. Auch durch eine solche Einschränkung begibt sich der Beklagte freiwillig in die Rolle des Unterlegenen mit der Folge, dass die Kostenentscheidung allein nach § 93 ZPO zu treffen ist; eine Heranziehung der Grundgedanken der §§ 91a, 92 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht.

3. Bleibt der Beklagte für seine Behauptung beweisfällig, keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben zu haben, hat er zwingend die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 01 O 1708/17)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wird Ziffer 2 des Anerkenntnis- und Schlussurteils des Landgerichts Leipzig vom 15.9.2017 wie folgt abgeändert:

Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 3000,- EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin (Kl.) hat den Verfügungsbeklagten (Bekl.) wegen verschiedener Äußerungen auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Beklagte ist dem Anspruch entgegen getreten. In der mündlichen Verhandlung hat er den auf Unterlassung gerichteten Verfügungsantrag "unter Verwahrung gegen die Kosten und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" anerkannt. Das Landgericht hat daraufhin am 15.9.2017 ein "Anerkenntnis- und Schlussurteil" erlassen und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, aufgrund einander widersprechender eidesstattlicher Versicherungen habe nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt werden können, ob der Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung geboten habe. Die Kosten seien daher analog §§ 93, 92 Abs. 2 ZPO hälftig zu teilen. Mit der sofortigen Beschwerde vom 4.10.2017 gegen das ihr am 21.9.2017 zugestellte Urteil wendet sich Klägerin gegen ihre anteilige Kostenlast. Sie ist der Ansicht, eine solche Kostenlast könne nicht mit § 93 ZPO begründet werden, da der Beklagte zum einen Veranlassung zur Klageerhebung geboten und zum anderen den Anspruch nicht sofort anerkannt habe. Für eine Analogie zu § 92 Abs. 2 ZPO fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Beklagte meint, eine vollständige Erledigung sei nicht eingetreten, weil er lediglich unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt habe.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaft. Unbeschadet des Umstandes, dass das Landgericht sein Urteil bezüglich der Kosten als "Schlussurteil" bezeichnet hat, handelt es sich der Sache nach um ein Anerkenntnisurteil im Sinne des § 307 S. 1 ZPO, dessen Kostenentscheidung isoliert angefochten werden kann. Zwar darf ein solches Anerkenntnis nicht unter einer Bedingung erklärt werden. Es stellt jedoch keine unzulässige Bedingung dar, wenn der Beklagte ein Anerkenntnis "unter Verwahrung gegen die Kosten" erklärt. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Hinweis auf die Kostenvorschrift des § 93 ZPO, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat (Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. § 307 Rn 8; Müko-ZPO/Voit, 5. Aufl. § 307 Rn 16). Auch der im Protokoll vermerkte Zusatz, das Anerkenntnis erfolge "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht", enthält allein einen Hinweis auf die innere Einstellung des Beklagten zu seiner prozessualen Erklärung, wirkt sich jedoch auf deren Reichweite nicht aus.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das Landgericht hat der Klägerin zu Unrecht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Eine Kostentragungspflicht der Klägerin gem. § 93 ZPO kommt nicht in Betracht. Als Ausnahmevorschrift von der Grundregel des § 91 ZPO stellt sie darauf ab, ob ein Rechtsstreit überhaupt notwendig war. Für die Frage der Kostentragung kommt es demnach allein darauf an, ob der unterlegene Beklagte, der den gerichtlich geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt, durch sein vorprozessuales Verhalten Veranlassung zur Klage gegeben hat (BGH, Beschl. v. 21.12.2006 - I ZB 17/06 - juris). Ohne Belang ist hingegen die Schlüssigkeit der Klage; aufgrund des Anerkenntnisses ist die Begründetheit der Klage nicht - auch nicht im Rahmen der Kostenentscheidung - zu prüfen (Musielak/Voit, aaO. R 93 Rn 6; 307 Rn 15). Aus diesem Grund scheidet auch die vom Landgericht herangezogene analoge Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO, die ein teilweise Obsiegen und Unterliegen beider Seiten voraussetzen würde, aus. Auch § 91a ZPO, der bei einer beiderseitigen Erledigungserklärung eine Aufhebung der Kosten gegeneinander ermöglicht, wenn auf der Basis eines beschränkt aufgeklärten Sachverhalts das Ergebnis gänzlich offen bleibt, findet nach Erlass eines Anerkenntnisurteils keine Anwendung. Vielmehr ist zu differenzieren: Erkennt...

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