Leitsatz (amtlich)

Die Abänderung eines in einem Umgangsverfahren vereinbarten und familiengerichtlich genehmigten Wechselmodells kann nur in einem Umgangsverfahren und nicht in einem Sorgerechtsverfahren erreicht werden.

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Aktenzeichen 1 F 309/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.01.2022; Aktenzeichen XII ZA 12/21)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Döbeln vom 03.12.2020 in Ziffern 1. und 2. des Tenors aufgehoben. Das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern wird wiederhergestellt.

2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin (im Folgenden: Mutter) und der Antragsgegner (im Folgenden: Vater) sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des Kindes M... D..., geb. am xx.xx.2010. Mit einer gerichtlich gebilligten Elternvereinbarung vom 18.12.2018 schlossen sie sowohl das sorgerechtliche Beschwerdeverfahren 21 UF 841/18 wie auch das umgangsrechtliche Beschwerdeverfahren 21 UF 843/18 ab. Sie vereinbarten darin die Erziehung des Kindes im paritätischen Wechselmodell mit einem jeweils wöchentlichen Aufenthalt beim Vater und bei der Mutter. Weiterhin wurde der Umgang in den Ferien und an Feiertagen geregelt.

Mit Schriftsatz vom 09.04.2019 hat die Mutter beantragt, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Seit der Trennung gebe es ständigen Streit zwischen den Eltern. Dieser gehe hauptsächlich vom Vater aus, welcher sich mit der Trennung von der Mutter bis heute nicht abfinden könne. Immer wieder werde das Kind mit den Problemen des Vaters belastet und unter Druck gesetzt. Der Vater drohe M... bei abweichenden Vorstellungen mit Liebesentzug. Er frage den Jungen über das Leben der Mutter aus und rege ihn zu negativen Äußerungen über sie und ihren Lebensgefährten an. Das Kind werde mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen überhäuft. Bei der Mutter komme M... hingegen zur Ruhe und fühle sich sehr wohl.

Der Vater hat die Zurückweisung des Antrags begehrt und das paritätische Wechselmodell verteidigt, welches er für sehr kindeswohldienlich erachtet. Den Vorwürfen der Mutter ist er entgegengetreten.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 03.12.2020 hat das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M... auf die Mutter allein übertragen. Sie habe nach den Ausführungen des Verfahrensbeistands und des Jugendamts einen engeren emotionalen Bezug zum Kind und sei in der Lage, sich liebevoller um M... zu kümmern.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters. Die angefochtene Entscheidung entspreche nicht dem Kindeswohl. Während er die Mutter über schulische Belange und Arzttermine informiere, sei diese weder kooperations- noch kommunikationsbereit. Zu Unrecht betrachte sie aufgrund der angefochtenen Entscheidung die Umgangsregelung vom 18.12.2018 als gegenstandslos. Diese bestehe jedoch weiterhin fort und bleibe von der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts unbeeinflusst.

Die Mutter begehrt die Zurückweisung der Beschwerde und bestätigt die elterlichen Konflikte. Der Vater beeinflusse das Kind weiterhin negativ ihr gegenüber. Im Übrigen verteidigt sie den familiengerichtlichen Beschluss unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Verfahrensbeistands und des Jugendamts. Die Umgangsregelung vom 18.12.2018 sei aufgrund der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung des Familiengerichts vom 03.12.2020 obsolet und der Umgang auf der Grundlage des nun bestehenden Aufenthalts bei der Mutter neu zu regeln.

Nachdem die Eltern außergerichtlich keine Einigkeit über die unmittelbaren Rechtsfolgen der angefochtenen Entscheidung für die Umgangsberechtigung erzielen konnten, hat der Senat am 19.01.2021 den Hinweis erteilt, dass die gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung vom 18.12.2018 von der sorgerechtlichen Entscheidung des Familiengerichts unberührt bleibt. Die Mutter hat daraufhin bei dem Familiengericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abänderung des Vergleichs vom 18.12.2018 gestellt. Ziel der Mutter ist ein vierzehntägiger Umgang des Vaters von Donnerstag bis Montag. Das Familiengericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 02.02.2021 zurückgewiesen unter Hinweis auf das vorliegende sorgerechtliche Verfahren und die weitergehenden Erkenntnismöglichkeiten eines umgangsrechtlichen Hauptsacheverfahrens.

Im Übrigen wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie die Ausführungen in den gewechselten Schriftsätzen und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sowie die Protokolle und Vermerke beider Instanzen Bezug genommen. Eine Kindesanhörung hat stattgefunden.

II. Die zulässige Beschwerde des Vaters hat dahingehend Erfolg, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht wiederherzustellen ist.

1. Die...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge