Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids und Eingang der Akten beim Streitgericht richtet sich der gemäß § 63 Abs. 2 GKG festzusetzende Gebührenstreitwert nach der Höhe der Hauptforderung des Vollstreckungsbescheides.

2. Wendet sich die zur Kostentragung verpflichtete Partei aus Anlass eines Kostenfestsetzungsantrages gegen die dem Antrag zu Grunde gelegten Gegenstandswerte, kann ihr Vorbringen bei interessengerechter Auslegung als Antrag auf Festsetzung des für die anwaltliche Tätigkeit maßgeblichen Wertes gemäß § 33 Abs. 2 RVG auszulegen sein.

3. Erklärt der Klägervertreter mit seiner Bestellungsanzeige den Rechtsstreit für erledigt, ist der Streitwert für die für die anwaltliche Tätigkeit maßgeblichen Gebühren gemäß § 33 RVG festzusetzen; er richtet sich nach den bis zum Zeitpunkt des Eingangs dieser Erklärung angefallenen Gebühren.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Aktenzeichen 4 O 125/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Zwickau vom 15.11.2018, 4 O 125/18, unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Der Gebührenstreitwert für das Streitverfahren vor dem Landgericht Zwickau wird auf 7.510,13 EUR festgesetzt. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit wird ab dem 03.04.2018 auf 609,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung.

Die Klägerin erlangte vor dem Mahngericht einen Mahnbescheid über eine Darlehensforderung in Höhe von 7.510,13 EUR mit ausgerechneten Zinsrückständen und Verzugszinsen in Höhe von 1.003,87 EUR sowie laufenden Zinsen. Nach Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte am 27.01.2018 beglich diese die geltend gemachte Forderung am 08.02.2018 oder 09.02.2018 vollständig. Dennoch beantragte die noch nicht anwaltlich vertretene Klägerin am 14.02.2018 den Erlass eines Vollstreckungsbescheides, der erlassen wurde und der Beklagten am 16.02.2018 zugestellt wurde. Hiergegen legte die Beklagte - gleichfalls noch nicht anwaltlich vertreten - Einspruch ein, woraufhin das Mahngericht das Verfahren an das Landgericht Zwickau als zuständiges Streitgericht abgab.

Auf Aufforderung zur Anspruchsbegründung bestellten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einem am 03.04.2019 eingegangenen Schriftsatz und teilten mit, dass die Beklagte die Forderung am 09.02.2018 ausgeglichen habe und die Sache in der Hauptsache erledigt sei. Nachfolgend beantragte die Beklagte, nunmehr gleichfalls anwaltlich vertreten, die Klage abzuweisen, da ihrer Ansicht nach kein Fall der Erledigung, sondern eine Klagerücknahme vorliege.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 16.08.2018 festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt sei und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Nach Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages der Klägerin hat die Beklagte diesen hinsichtlich des dem Gebührenansatz zu Grunde gelegten Streitwertes beanstandet und zudem mitgeteilt, dass ihr ein Streitwertbeschluss bislang nicht bekannt sei. Mit Beschluss vom 15.11.2018 hat das Landgericht den Streitwert auf 8.514,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die am 21.11.2018 eingegangene Beschwerde der Beklagten, mit der sie geltend macht, dass schon bei Eingang der Akten beim Landgericht nur noch die Verfahrenskosten im Streit gestanden hätten und deshalb der Streitwert auf 667,94 EUR festzusetzen sei.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin halten die Streitwertbeschwerde für unbegründet, da entscheidend sei, dass die Beklagte erst nach der durch die Zustellung des Mahnbescheids ausgelösten Rechtshängigkeit gezahlt habe.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen: Der Streitwert sei "in voller Höhe der Hauptsache" festzusetzen; es komme nicht darauf an, ob die Hauptforderung zum Zeitpunkt der Eingangs der Akten beim Landgericht bereits befriedigt gewesen sei.

II. Die gemäß § 66 Abs. 2 GKG, § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Klägerin führt zu einer geringfügigen Herabsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wertes und zu einer erheblichen Herabsetzung des für die anwaltlichen Gebühren maßgeblichen Werts für den Zeitraum ab dem 03.04.2018.

1. Die Beschwerde ist sowohl als Beschwerde gegen die Festsetzung des für die Gerichtskosten maßgeblichen Gebührenstreitwertes nach § 66 GKG als auch gegen die Ablehnung der Festsetzung eines gesonderten, für die anwaltlichen Gebühren maßgeblichen Wertes nach § 33 RVG zulässig.

1.1 Grundsätzlich erfolgt die Wertfestsetzung durch den Richter im Zivilverfahren nach § 63 GKG zur Bestimmung des Wertes, nach dem sich die zu erhebenden Gerichtsgebühren berechnen. In einem Zivilverfahren vor dem Landgericht wird (sofern nicht eine Verminderung der Gebühren eintritt) nur eine Gerichtsgebühr mit einem Gebührensatz von 3,0 (Nr. 1210 GKG KV) erhoben, auf die die im Mahnverfahren erhobene Gebühr angerechnet wird. Zeitlich gestaffelte Wertfestsetzungen sind daher f...

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