Leitsatz (amtlich)

§ 48 Abs. 3 Satz 1 RVG erstreckt nicht nur die Beiordnung des anwaltlichen Bevollmächtigten, sondern auch die in der Ehesache bereits bewilligte Verfahrenskostenhilfe kraft Gesetzes auf die dort genannten Vertragsgegenstände, und dies unabhängig davon, ob und zu welchem Zeitpunkt diese Erstreckung ausdrücklich beantragt wird.

 

Verfahrensgang

AG Plauen (Aktenzeichen 6 F 554/18)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.09.2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Plauen vom 17.09.2020 - 6 F 554/18 - in Ziffer 1 und Ziffer 2 seines Tenors dahingehend abgeändert, dass die der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 30.11.2018 - 6 F 554/18 - unter Beiordnung von Rechtsanwältin K... L..., P..., bewilligte Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz auf alle mit der Herbeiführung der notariellen Vereinbarung vom 17.06.2020 (Notar A... H..., UR-Rollennummer 1618/2020 T) über die Gegenstände Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, Hausrat und nachehelichen Unterhalt erforderlichen Tätigkeiten erstreckt wird. Im Übrigen bleibt der Beschluss des Familiengerichts vom 17.09.2020 unberührt.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden auf die Hälfte ermäßigt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das Familiengericht gewährte der Antragsgegnerin auf deren Antrag für das vom Antragsteller eingeleitete Ehescheidungsverfahren mit Beschluss vom 30.11.2018 - 6 F 554/18 - mit Wirkung ab 30.10.2018 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten.

Die Antragsgegnerin stellte in der Ehesache mit Schriftsatz vom 18.03.2019 einen Folgesacheantrag wegen nachehelichen Unterhalts und beantragte, ihr auch hierfür Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren. Mit Verfügung vom 26.03.2019 übermittelte das Familiengericht die Antragsschrift formlos an den Antragsteller mit der Gelegenheit, zum Verfahrenskostenhilfegesuch Stellung zu nehmen.

In der Sitzung des Familiengerichts vom 18.04.2019 baten die Beteiligten das Familiengericht, im Hinblick auf außergerichtliche Verhandlungen noch nicht über den Verfahrenskostenhilfeantrag für die Folgesache nachehelicher Unterhalt zu entscheiden.

Nach mehrmaligen Fristverlängerungen teilte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10.07.2020 mit, dass die Beteiligten vor dem Notar A... H... am 17.06.2020 eine Vereinbarung zum Ehegattenunterhalt (Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt), Kindesunterhalt und Hausrat geschlossen hätten. Die Folgesache nachehelicher Unterhalt erklärte sie für erledigt. Außerdem wiederholte die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Folgesacheantrag nachehelicher Unterhalt und beantragte zudem, die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten auf den Abschluss der notariellen Vereinbarung/des Mehrvergleichs vom 17.06.2020 zu erstrecken.

Der Antragsteller stimmte der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 06.08.2020 zu.

Mit Verfügung vom 16.09.2020 hat das Familiengericht die Beteiligten zum Verfahrenswert angehört und sodann mit Beschluss vom 01.10.2020 die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe "zunächst zu den bisherigen Bedingungen" auch für den Abschluss der notariellen Vereinbarung vom 17.06.2020 mit Wirkung ab 10.07.2020 bewilligt (Ziffer 1 des Beschlusstenors), die Anwaltsbeiordnung im Beschluss vom 30.11.2018 hierauf erstreckt (Ziffer 2 des Beschlusstenors) und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Folgesache nachehelicher Unterhalt und die Erstreckung der Beiordnung darauf abgelehnt (Ziffer 3 des angefochtenen Beschlusses).

Gegen die am 23.09.2020 zugestellte Entscheidung hat die Antragsgegnerin mit Anwaltsschriftsatz vom 30.09.2020 am 06.10.2020 beim Familiengericht per Fax sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt,

den angefochtenen Beschluss in dessen Ziffern 1 und 2 dahingehend abzuändern, dass die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss der notariellen Vereinbarung vom 17.06.2020 erstreckt wird (Antrag zu Ziffer 1)

und

unter Aufhebung von Ziffer 3 des angefochtenen Beschlusses für die Folgesache nachehelicher Unterhalt mit Wirkung ab 19.03.2019 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (Antrag zu Ziffer 2).

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass ihr auch für die mit Schriftsatz vom 18.03.2019 anhängig gemachte Folgesache nachehelicher Unterhalt Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Die Ausführungen des Familiengerichts in dem angefochtenen Beschluss, dass diesem Begehren nach übereinstimmender Erledigterklärung der Beteiligten das Rechtsschutzbedürfnis fehle, gingen fehl. Überdies sei die Bewilligung von Verfah...

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