Leitsatz (amtlich)

Ein Unterhaltsschuldner, der Herabsetzung von in einer Jugendamtsurkunde tituliertem Kindesunterhalt verlangt, muss mit seiner Abänderungsklage nach Maßgabe der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage schlüssig darlegen, inwieweit und warum sich sein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zum Zeitpunkt des Abänderungsbegehrens im Vergleich zu dem der Titulierung wesentlich verschlechtert hat. Das gilt auch dann, wenn der Urkunde keine zuvor ausdrücklich getroffene Unterhaltsvereinbarung der Parteien zugrundeliegt.

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Entscheidung vom 10.05.2007; Aktenzeichen 1 F 39/07)

 

Tenor

Die (sofortige) Beschwerde des Antragstellers vom 15.06.2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Döbeln vom 10.05.2007 - 1 F 39/07 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht es abgelehnt, dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Herabsetzung titulierten Unterhalts für seine drei Kinder ab 01.07.2006 auf Null zu bewilligen. Die hiergegen in zulässiger Weise erhobene sofortige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1.

Der von der Kindesmutter getrennt lebende Antragsteller hatte unter dem 24.08.2004 Jugendamtsurkunden errichten lassen, in denen er eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber den 1989, 1991 und 1995 geborenen Kindern i.H.v. jeweils 150 % des Regelbetrags nach § 2 RegelbetragVO anerkannt hatte. Damals erzielte er im Wesentlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Zum 01.07.2006 wechselte er in ein Arbeitsverhältnis zu seinem früheren Mitgesellschafter, wurde zum 01.01.2007 wieder selbständig und bezieht seit 13.07.2007 Leistungen nach dem SGB II. Er macht geltend, sein Einkommen sei jedenfalls seit dem 01.07.2006 nachhaltig niedriger als zuvor, so dass er unterhaltsrechtlich nicht mehr leistungsfähig sei. Dieses Vorbringen rechtfertigt den Prozesskostenhilfeantrag nicht, weil die beabsichtigte Klage selbst nach derzeitigem Sachstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

2.

Ein Unterhaltsschuldner, der im Zusammenhang mit der Errichtung einer Jugendamtsurkunde seine Unterhaltsverpflichtung anerkannt hat, kann sich von der damit eingegangenen Bindung nicht ohne weiteres, sondern grundsätzlich nur nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage lösen (vgl. zusammenfassend GRABA, FamRZ 2005, 678). Eine Abänderungsklage des Schuldners, die darauf gestützt werden soll, dass dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nachgelassen hat oder entfallen ist, verspricht daher nur dann Erfolg, wenn der Schuldner darlegt, dass sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Errichtung des Titels wesentlich verschlechtert haben. Dazu genügt folglich nicht eine Schilderung seiner Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt des späteren Abänderungsbegehrens, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner nach dieser späteren Einkommenslage ganz oder teilweise unfähig wäre, den titulierten Unterhalt aufzubringen. Notwendig sind vielmehr zusätzliche (vergleichbare) Angaben dazu, welche Einkünfte und Aufwendungen der Titulierung zugrunde gelegt worden sind und (im Lichte der verschärften Unterhaltshaftung gem. § 1603 Abs. 2 BGB) warum der Schuldner jetzt weniger verdient. Dem wird der Sachvortrag des Antragstellers insgesamt nicht gerecht.

3.

Nicht nachvollziehbar ist schon seine Behauptung, maßgebend für die Berechnung des im August 2004 titulierten Kindesunterhalts seien seine Einkommensverhältnisse in den Jahren 1998 bis 2000 gewesen. Der vom Antragsteller hierzu vorgelegte Schriftverkehr (Anlagenkonvolut K 23) datiert aus dem Frühjahr 2002 und endet mit einem Verlangen der Unterhaltsgläubiger nach einer Titulierung von 162 % der jeweiligen Regelbeträge unter Fristsetzung zum 15.07.2002. Hieraus ergibt sich nicht, was Grundlage der mehr als zwei Jahre später in anderer als der vormals geforderten Höhe errichteten Unterhaltstitel gewesen ist. Ohne besondere (und dann im Einzelnen erläuterungsbedürftige) Abrede der Parteien wäre einem Kindesunterhalt ab 2004 das durchschnittliche Nettoeinkommen des Antragstellers aus den Jahren 2001 biss 2003 zugrunde zu legen gewesen; dazu würde passen, dass der Antragsteller mit seiner Antragsschrift vom 05.02.2007 noch selbst seine damals aktuellen Einkünfte ab 01.07.2006 mit seinem ab 2001 erzielten Einkommen verglichen hat. Dieser Vergleich krankte allerdings daran, dass der Antragsteller dabei Bruttogewinne aus selbständiger Tätigkeit mit Nettoeinkommen aus dem Arbeitsverhältnis in Beziehung gesetzt hat. Bereinigt man demgegenüber die in den Jahren 2001 bis 2003 erzielten Bruttogewinne des Antragstellers um die aus den vorgelegten Steuerbescheiden ersichtlichen Vorsorgeaufwendungen und Steuern, so ergibt sich, bezogen auf 36 Monate, ein Nettobetrag der Einkünfte von 101 458,00 EUR, d. h. monatlich 2 818,00 EUR. Das lässt keinen erheblichen Unterschied zu dem in der zweiten Jahreshälfte 2006 erzielten Nettoeinkommen als Ange...

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