Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 01.08.2011; Aktenzeichen HRB 2823)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Dresden - Registergericht - vom 1.8.2011 - HRB 2823, aufgehoben.

Das Registergericht wird angewiesen, über die Anmeldung vom 8.6.2011 (UR-Nr ... Notar Dr ... in ...) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu dem Vorliegen einer zustandsbegründenden Satzungsdurchbrechung und zu der Frage des Erfordernisses einer bewussten Abweichung von den Satzungsregelungen erneut zu entscheiden.

 

Gründe

I. Die Satzung der Beteiligten in der Fassung vom 4.9.1990 enthält zur Ergebnisverwendung unter § 8 Abs. 2 folgende Regelungen:

"Ein Jahresüberschuss ist, soweit er nicht zur Tilgung von Verlustvorträgen zu verwenden ist, zu einem Viertel des Überschusses vor Belastung mit Steuern vom Einkommen und Ertrag in einer Gewinnrücklage einzustellen. Soweit der Jahresüberschuss nicht im Übrigen zu verwenden ist, ist er an die Gesellschafter auszuschütten."

Die Gesellschafter der Beteiligten verwendeten die in den Jahre 1996, 1998, 1999 und 2002 bis 2007 erwirtschafteten Gewinne abweichend von diesen Regelungen. Für die Geschäftsjahre 1996, 1998 und 1999 wurde die Gewinnrücklage aus dem Jahresüberschuss nach Steuern und nicht ausgehend von dem Überschuss vor Belastung mit Steuern mit der Folge gebildet, dass ein höherer Betrag ausgeschüttet wurde. Die Gewinne der Geschäftsjahre 2002 bis 2006 wurden voll ausgezahlt. Der Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2007 sollte ausgehend von dem Jahresüberschuss nach Steuern verwendet werden, tatsächlich wurde er indes entsprechend der Satzung verwendet.

In der notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom 8.6.2011 wurde einstimmig folgender Beschluss gefasst:

"Die Gesellschafter bestätigen hiermit die für die Geschäftsjahre 1996, 1998, 1999, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007 in Durchbrechung des § 8 Abs. 2 der Satzung beschlossenen Ausschüttungen an die Gesellschafter."

Das Registergericht hat die Anmeldung dieses Beschlusses am 1.8.2011 zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, dass die bestätigten Gewinnverwendungsbeschlüsse, da sie nicht bewusst entgegen § 8 Abs. 2 der Satzung gefasst wurden, nicht satzungsdurchbrechend gewesen seien. Unabhängig davon sei nur eine - hier nicht vorliegende - zustandsbegründende Satzungsdurchbrechung eintragungsfähig.

Die Beteiligte hat gegen diesen am 4.8.2011 zugestellten Beschluss am 2.9.2011 Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor: Der Beschluss vom 8.6.2011 sei eintragungspflichtig, er bestätige unwirksame Satzungsdurchbrechungen. Darauf, ob die Gesellschafter seinerzeit das Bewusstsein hatten, von der Satzung abzuweichen, komme es insoweit nicht an.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG am 28.9.2011 vorgelegt.

II. Die nach §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das AG hat den Vollzug der Anmeldung zu Unrecht abgelehnt. Die in der notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom 8.6.2011 bestätigten Gewinnverwendungsbeschlüsse stellten nicht lediglich punktuelle Satzungsdurchberechungen dar und waren, auch wenn sich die Gesellschafter seinerzeit der Abweichung von den statuarischen Gewinnverwendungsregelungen nicht bewusst gewesen sein sollten, unwirksam. Denn sie genügen den insoweit maßgeblichen Anforderungen an eine Satzungsänderung (§§ 53, 54 GmbHG) nicht. Der die Durchbrechung bestätigende Beschluss vom 8.6.2011 bedarf daher der Eintragung.

1. Satzungsdurchbrechungen sind Gesellschafterbeschlüsse, die eine von der Satzung abweichende Regelung treffen. Nach herrschender Ansicht wird zwischen punktuellen und zustandsbegründenden Satzungsdurchbrechungen unterschieden. Eine punktuelle Satzungsdurchbrechung liegt vor, wenn sich die Abweichung von der Satzung auf einen konkreten Einzelfall beschränkt, die Wirkung des Beschlusses sich daher in der betreffenden Maßnahme erschöpft. Durch eine Satzungsdurchbrechung kann aber auch ein von der Satzung abweichender rechtlicher Zustand begründet werden. Dann müssen allerdings die Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG gewahrt werden (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.1993 - II ZR 81/92, nach juris: BGHZ 123, 15 Rz. 13; OLG Nürnberg, Beschl. v. 5.3.2010 - 12 W 376/10, nach juris: MDR 2010, 822 Rz. 46; OLG Köln, Urt. v. 26.10.2000 - 18 U 79/00, nach juris: DB 2000, 2465 Rz. 21; OLG Nürnberg, Urt. v. 10.11.1999 - 12 U 813/99, nach juris: MDR 2000, 653 Rz. 81; OLG Köln, Urt. v. 11.10.1995 - 2 U 159/94, nach juris: NJW-RR 1996, 1439 Leitsatz; Harbath in MünchKomm zum GmbHG, 2011, § 53 Rz. 48; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, § 53 Rz. 27, 28; Priester/Veil in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 53 Rz. 29; Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1997, § 53 Rz. 30 f.; Priester, Satzungsänderung und Satzungsdurchbrechung, ZHR 151 (1987), 40).

Für den Begriff der Satzungsdurchbrechung ist es unerheblich, ob die Gesellschafter sich bei der Beschlussfassung der Satzungswidrigkeit bewusst waren (vgl.: R...

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