Leitsatz (amtlich)

Ein Redaktionsschwanz mit dem Hinweis, die Redaktion sei nach der Gesetzeslage verpflichtet, nicht nur wahre, sondern auch unwahre Gegendarstellungen abzudrucken, enthält keine unzulässige Glossierung, sondern gibt letztlich die Rechtslage wieder.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an und verweist hierauf, um Wiederholungen zu vermeiden.

Der "Redaktionsschwanz" verstößt auch nach Auffassung des Senats nicht gegen das Glossierungsverbot, so dass der Abdruck der Gegendarstellung als ordnungsgemäße Erfüllung anzusehen und ein Zwangsgeld nicht zu verhängen ist.

Das Recht der Medien auf tatsächliche Erwiderung im unmittelbaren Anschluss an die Gegendarstellung ist Ausfluss von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und findet, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, seine Grenze erst im Verbot einer Entwertung der Gegendarstellung. Dabei wird der Hinweis, dass der Abdruck der Gegendarstellung in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung oder gerichtlichen Anordnung ohne Rücksicht auf ihren Wahrheitsgehalt erfolgt, ganz allgemein als gewohnheitsrechtlich zulässig angesehen (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., S. 608, 610; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bilderstattung, 4. Aufl., Rn. 11.188). Diesem Hinweis entspricht die vorliegende Anmerkung, verpflichtet zu sein, "nicht nur wahre, sondern auch unwahre Gegendarstellungen abzudrucken", ihrem Sinngehalt nach durchaus. Selbst wenn, wie die Gläubigerin geltend macht, ein Unterschied zu machen wäre, würde dies nicht zur Unzulässigkeit führen. Es handelt sich nämlich auch dann um eine Angabe rein tatsächlicher Art, die prinzipiell uneingeschränkt zulässig ist, weil sie nicht zu einer Entwertung der Gegendarstellung führt. Die Presse darf, hält sie sich nur an das Erfordernis tatsächlicher Angaben, auf der Richtigkeit ihrer eigenen Darstellung beharren, sie inhaltlich wiederholen und sogar vertiefen (vgl. Soehring, aaO.; Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 2. Aufl., Rn. 435 f). Dieses auf die Mitteilung von Tatsachen beschränkte Recht kann im Hinblick darauf, dass der Gegendarstellungsanspruch - in erster Linie aus Beschleunigungsgründen - ohne jede Beweisführung oder auch nur Glaubhaftmachung gerichtlich durchsetzbar ist, nicht noch weiter eingeengt werden (vgl. die Darstellung der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Saarländische Pressegesetz vom 11.05.1994, inzwischen geändert durch Gesetz vom 01.03.2000: Soehring aaO., S. 609 f; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl. S. 197). Wenn mithin der vorliegende "Redaktionsschwanz" seiner Formulierung nach darauf hindeutet, die Schuldnerin halte ihre frühere Behauptung aufrecht, so kann dies nicht beanstandet werden. Er unterscheidet sich von den Fällen, in denen ein Verstoß gegen das Glossierungsverbot angenommen worden ist, dadurch, dass er sich jeglicher Wertung mit Meinungsäußerungscharakter enthält. Die Formulierung, die letztlich nur die Rechtslage wiedergibt, ist von daher anders als die als Werturteile zu qualifizierenden Anmerkungen, die Gegendarstellung sei "irreführend" oder "frei erfunden" (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1971, 471 ff; OLG Hamburg, ArchPR 1971, 91 f; OLG Stuttgart, AfP 1987, 420), unverfänglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2962363

AfP 2001, 523

ZUM 2002, 295

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