Leitsatz (amtlich)

1. Eine Belehrung, die darauf hinweist, dass der Versicherungsnehmer den Vertrag binnen 10 Tagen widerrufen kann und der Widerruf binnen dieser Frist beim Versicherer eingegangen sein muss, entsprach § 8 VVG in der Fassung des Gesetzes vom 17.12.1990 (BGBl. I, S. 2864).

2. Auch bei einer unwirksamen Widerrufsbelehrung ist ein Bereicherungsanspruch verwirkt, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag vor Policierung zur Sicherung eines Baudarlehens abtritt und ihn anschließend über einen Zeitraum von 20 Jahren weiterführt.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 3005/16)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.01.2018 wird aufgehoben.

4. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf 26.061,10 EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Der Kläger stellte am 18.02.1994 bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung im Antragsmodell einschließlich einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und einem Mindesttodesfallschutz (Anlagen B 1 und K 1). Die Versicherung sollte bis zum 31.05.2016 bei einem vereinbarten Monatsbeitrag von 724,50 DM laufen. Der Kläger machte den Abschluss der Versicherung ausweislich des Antrags ausdrücklich von einer Hypothekenbeschaffung durch die Bausparkasse XXX AG - einem Kooperationspartner der Beklagten - abhängig. Über die Darlehenszusage wurde die Beklagte am 24.05.1994 informiert, und kurz darauf erfolgte die Policierung. Der Kläger zahlte in der Zeit vom 01.06.1994 bis 01.03.2003 Prämien i.H.v. insgesamt 39.265,58 EUR. Wegen Rückständen begehrte der Kläger im August 2002 eine Terminsverschiebung zum Ausgleich der Beiträge. Der Versicherungsvertrag wurde seit November 2003 beitragsfrei geführt. Die Deutsche Bausparkasse XXX AG erklärte gegenüber der Beklagten am 09.11.2007 die Freigabe der Rechte gegen Ablösung des Darlehens. Im Jahr 2007 trat der Kläger ein zweites Mal seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis für den Erlebens- und Todesfall an die Z... Bank AG zur Sicherung eines Darlehens ab, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 12.09.2007 Kenntnis erhielt. Mit Schreiben vom 25.04.2014 erklärte der Kläger den Widerruf des Vertrages und hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte zahlte einen Rückkaufswert i.H.v. 61.022,40 EUR an den Kläger aus.

Der Kläger hat behauptet, die Belehrung der Beklagten habe nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen. Sie sei drucktechnisch nicht hervorgehoben und auch inhaltlich unzureichend. Er habe daher wirksam von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht. Der Anspruch sei nicht verwirkt. Es fehle schon am Zeitmoment, weil dieses erst dann zu laufen beginne, wenn das Recht erstmals ausgeübt werden könne. Dies sei erst ab dem Zeitpunkt anzunehmen, an dem er Kenntnis vom Bestehen des Widerrufsrechtes erlangt habe. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie die Situation herbeigeführt habe, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt habe. Die Beklagte sei verpflichtet, die von ihr gezogenen Nutzungen i.H. von 47.817,92 EUR auszuzahlen. Eine Schätzung des Anspruches sei möglich. Auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bestehe ein Anspruch i.H.v. 8.872,20 EUR.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Belehrung sei ordnungsgemäß, jedenfalls sei der Anspruch 20 Jahre nach Vertragsschluss verwirkt. Der Kläger habe seinen Willen, an dem Vertrag unbedingt festhalten zu wollen, mehrfach dokumentiert, indem er zweimal seine Ansprüche gegen die Beklagte zur Sicherung von Darlehen an die Banken abgetreten habe. Schließlich habe er auch Vertragsänderungen vorgenommen. Die Anspruchshöhe sei nicht schlüssig dargelegt worden. Der Kläger habe nicht berücksichtigt, dass Nutzungen nicht aus den gesamten Beiträgen, sondern lediglich aus den Sparanteilen gezogen würden. Der Prämienanteil, der auf Verwaltungs- und Abschlusskosten entfalle, stehe dafür nicht zur Verfügung. Des Weiteren seien Beiträge für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sowie die Risikokosten in Abzug zu bringen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.07.2017 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft seinen Widerruf als verwirkt angesehen. Die erste Abtretung habe keinen Vertrauenstatbestand begründen können, da sie vor Vertragsschluss erfolgt sei und er bei Abtretung keine Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht gehabt habe. Die zweite Abtretung stehe in keinem zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss. Eine Verwirkung komme nur dann in Betracht, wenn seit der Möglichk...

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