Leitsatz (amtlich)

Wasserrohrverlegungen sind im Hinblick auf potentielle Feuchtigkeitsschäden generell besonders gefahrenträchtig und erfordern deshalb besondere Sorgfalt. Ist einem Abdichtungsunternehmen als Spezialbetrieb das hohe Gefahrenpotential aus einer Undichtigkeit bekannt, liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn grundlegende handwerkliche Fehler begangen werden (hier: Durchführung einer Druckprobe unter Missachtung des einschlägigen Merkblatt für Dichtheitsprüfungen von Trinkwasserinstallationen des Zentralverbandes Sanitärheizung Klima).

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 15.04.2011; Aktenzeichen 16 O 122/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Hannover vom 15.4.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht als Gebäudeversicherin eines Wohnhauses Schadensersatzansprüche geltend für ihrer Behauptung nach seitens der Beklagten mangelhaft eingebaute Kupferrohre einer Wasserleitung im Fußbodenaufbau. Die Rohre erwiesen sich - unstreitig - als undicht, so dass es zu erheblichen Durchfeuchtungen im Mauerwerk des Ende 2006 bezogenen Hauses der Zeugen B. kam. Infolgedessen erbrachte die Klägerin an die Zeugen B. umfangreiche Entschädigungszahlungen in Höhe der Klageforderung von 36.353,79 EUR, die nach dem angefochtenen Urteil die Beklagte an die Klägerin nahezu vollständig zu erstatten hat.

Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 296 f. d.A.).

Das LG hat in dem Urteil die Auffassung vertreten, aufgrund der - unstreitig - unzureichend unter Verstoß gegen die einschlägige DIN-Norm von der Beklagten durchgeführten Belastungsprüfung der Rohre (Druckprüfung, jedoch keine Sichtprüfung und auch keine Dichtheitsprüfung) sei ein Beweis des ersten Anscheins zum Nachteil der Beklagten dahin anzunehmen, dass der aufgetretene Mangel der Durchfeuchtung durch diesen Verstoß - die unzureichende Dichtheitsprüfung - verursacht worden sei. Es liege ein grob fahrlässiger Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik vor. Deshalb müsse die Beklagte darlegen und beweisen, dass sie für die Durchfeuchtung nicht verantwortlich gewesen sei, zumindest aber den gegen sie sprechenden Anschein erschüttern. Das sei ihr nicht gelungen. Die Kammer hat deshalb der Klage i.H.v. 36.083,43 EUR stattgegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die eine vollständige Klageabweisung erreichen will. Sie hält schon den Anscheinsbeweis für ungerechtfertigt. Die Beklagte habe ihre Arbeiten im Juli 2005 fertig gestellt; die Feuchtigkeitsschäden seien erst zu Beginn des Jahres 2007 aufgetreten. Insoweit gäbe es auch einen Untersuchungsbericht der K.-AG (KME), nach dem als Schadensbild eine "interkristalline Korrosionserscheinung" angenommen würde, verursacht von einem korrosiven Medium am Rohräußeren. Das weitere Gutachten des Instituts für Schadensverhütung und Forschung der öffentlichen Versicherer sei in sich schon widersprüchlich. Aus dem Gutachten könne auch auf einen anderen Geschehensablauf geschlossen werden, dass die Rohre zum Zeitpunkt ihrer Verlegung bzw. Druckprüfung noch dicht gewesen seien und bei einer insgesamt ordnungsgemäßen Druckprüfung durch die Beklagte etwaige im Entstehen begriffenen Defekte der Rohre nicht zu Tage getreten wären. Es sei erst durch die Inbetriebnahme des Leitungsnetzes über einen längeren Zeitraum und den damit ausgelösten Korrosionsprozess zur Undichtigkeit der Rohre und infolgedessen zum Austritt von Wasser gekommen. Dies alles spreche dafür, dass im Zeitpunkt der Fertigstellung der Werkleistung durch die Beklagte auch bei pflichtgemäßer Überprüfung der Rohre die Leckage nicht auffindbar gewesen wäre. Es sei somit wahrscheinlich, dass die Risse in den Rohren sich erst im Laufe eines längeren Korrosionsprozesses entwickelt hätten. Dies sei durch die Beklagte selbst bei ordnungsgemäßer Dichtheitsprüfung nicht erkennbar gewesen. Für die Haftung der Beklagten fehle es damit am Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Diesen Kausalzusammenhang hätte aber die Klägerin darlegen und beweisen müssen. Eine entsprechende Darlegung und Beweisführung sei ihr nicht gelungen. Durch den Geschehensablauf sei der Beweis des ersten Anscheins widerlegt.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage auch i.H.v. 36.083,43 EUR abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Da das Haus erstmals im Dezember 2006 bezogen wurde, seien bis zu diesem...

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