Leitsatz (amtlich)

Für Klagen aus dem Krankenhausaufnahmevertrag gilt (weiterhin) der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO i.V.m. § 269 BGB, weil der eindeutige Schwerpunkt einer stationären Krankenhausaufnahme am Klinikort liegt.

 

Normenkette

ZPO § 29; BGB § 269

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 08.06.2006; Aktenzeichen 19 O 15/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8.6.2006 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Hannover aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine Privatklinik mit Sitz in H., die von dem in M. wohnenden Beklagten die Bezahlung seiner stationären Behandlung vom 14. April bis zum 22.4.2005 verlangt.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Hannover trotz ordnungsgemäßer Ladung für den Beklagten niemand erschienen ist, ist die Klage durch unechtes Versäumnisurteil vom 8.6.2006 (vgl. Bl. 55 ff. d.A.) im Verfahren gem. § 280 ZPO als unzulässig abgewiesen worden. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich nicht zuständig sei. Insbesondere ergebe sich keine Zuständigkeit aus § 29 Abs. 1 ZPO. Der Erfüllungsort für die Zahlung der Behandlungskosten richte sich nach dem gem. § 269 BGB zu bestimmenden Leistungsort. Dieser sei, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart hätten oder sich aus den Umständen nichts anderes ergäbe, der Wohnort des Schuldners, hier also M. Eine wirksame abweichende Vereinbarung oder Umstände, die für H. als Erfüllungsort für die Honorarzahlung sprächen, lägen hier nicht vor. Beim Krankenhausvertrag würden üblicherweise die beiderseitigen Leistungspflichten nicht sogleich an Ort und Stelle erledigt, sondern der Patient werde zunächst einmal behandelt und bekomme erst später, wenn er wieder zu Hause sei, die Rechnung geschickt. Für die Krankenhausleistungen und die Zahlung der Behandlungskosten gebe es deshalb keinen einheitlichen Erfüllungsort. Die anders lautende Entscheidung des Senats vom 14.8.1989 (OLG Celle v. 14.8.1989 - 1 W 23/89, NJW 1990, 777) sei durch die Entscheidung des BGH vom 11.11.2003 zu Honorarklagen von Rechtsanwälten, die regelmäßig am Wohnsitz des Mandanten zu erfüllen seien, überholt.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin (Bl. 78 ff. d.A.). Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass eine Zuständigkeit des LG Hannover aus § 29 ZPO folge. Aus der Natur des Krankenhausaufnahmevertrages ergebe sich, dass beide Parteien ihre Leistungen an einem gemeinsamen Ort verwirklichen und die beiderseits geschuldeten Leistungen einheitlich dort erbringen wollten. Der eindeutige Schwerpunkt der stationären Krankenhausaufnahme liege am Klinikort, dort würden die charakteristischen Leistungen erbracht. Die Rechtsprechung des BGH zum Erfüllungsort für anwaltliche Honorarforderungen könne nicht auf Forderungen wegen eines stationären Krankenhausaufenthaltes übertragen werden, weil die Ortsbindung des Krankenhausaufnahmevertrages wesentlich stärker sei als die Ortsbindung anwaltlicher Leistungen. Auch prozessökonomische Gründe sprächen für einen einheitlichen Erfüllungsort am Sitz des Krankenhauses.

Die Klägerin beantragt,

1. das am 8.6.2006 verkündete Urteil des LG Hannover (19 O 15/06) aufzuheben und die Sache einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens zurückzuverweisen;

2. hilfsweise, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klage stattzugeben und nach den in der ersten Instanz gestellten Schlussanträgen der Klägerin zu erkennen.

sowie, nachdem der Beklagte, der weiterhin weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache eingelassen hat, im Termin vor dem Senat vom 13.11.2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, den Erlass eines Versäumnisurteils.

II. Die Berufung der Klägerin, über die nach Säumnis des Beklagten gem. § 539 Abs. 2 ZPO zu entscheiden war, hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG Hannover gem. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, weil durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden worden ist.

Das LG hat die Zulässigkeit der Klage zu Unrecht verneint. Es ist für die Entscheidung des Rechtsstreits gem. § 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig. Durch die Entscheidung des BGH vom 11.11.2003 (BGH v. 11.11.2003 - X ARZ 91/03, BGHZ 157, 20 ff. = BGHReport 2004, 180 m. Anm. Prechtel = MDR 2004, 164 m. Anm. Krügermeyer-Kalthoff) zum Gerichtsstand für Honorarforderungen für Rechtsanwälte hat sich für Forderungen aus einem Krankenhausaufnahmevertrag nichts geändert.

1. Gemäß § 29 Abs. 1 ZPO ist, wenn, wie hier, über eine Verpflichtung aus einem Vertragsverhältnis gestritten wird, das Gericht des Orts zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dieser Erfüllungsort bestimmt sich, sofern keine gesetzlichen Sonderergelungen eingreifen, nach dem Leistungsort, der sich aus § 269 Abs. 1 und 2 BGB ergibt. Insoweit stellt § 269 Abs...

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