Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 8 O 331/16)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.07.2020; Aktenzeichen VI ZR 300/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. August 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden (8 O 331/16) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenientinnen zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. die Nebenintervenientinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz nach einem Eisenbahnunfall in Anspruch.

Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die Beklagte ein Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Am 14. Februar 2013 verbrachte die Beklagte im Auftrag der Nebenintervenientin zu 1.) 20 leere Doppelstock-Autotransportwagen von C. nach B., wobei die Nebenintervenientin zu 2.) den Zug in C. zusammengestellt haben soll. Auf der Strecke, im Bahnhof K., musste der Zugführer plangemäß die Fahrtrichtung des Zuges wechseln. Dazu stellte er den Zug ab, koppelte das Triebfahrzeug am einen Ende des Zuges ab und sodann am anderen Ende wieder an. Ob der Triebfahrzeugführer beim Abstellen des Zuges eine sogenannte Feststellbremse am 16. Wagen (Wagen Nr. ...) betätigte, ist streitig. Der Zug setzte gegen 12:12 Uhr seine Fahrt Richtung B. über weitere ca. 14 Kilometer fort. Gegen 12:30 Uhr entgleiste auf der Eisenbahnstrecke ... im Bereich zwischen B.-V. und B.-Hauptbahnhof zunächst der 16. Wagen des Zuges der Beklagten, anschließend riss der Zug zwischen dem 17. und 18. Wagen auseinander, wodurch eine Zwangsbremsung ausgelöst wurde. Einzelheiten des Hergangs sind streitig. Das Triebfahrzeug kam unstreitig bei Bahnkilometer ... zum Stehen.

Der Unfallhergang wurde durch das Eisenbahn-Bundesamt (Untersuchungszentrale der Eisenbahn-Untersuchungsstelle des Bundes, im Folgenden auch "EUB") untersucht, den Untersuchungsbericht vom 11. Dezember 2014 hat die Klägerin als Anlage K 1 (Bl. 41 ff. d. A.) vorgelegt. Zudem führte die Bundespolizeiinspektion B. Ermittlungen durch; einen Ermittlungsbericht vom 20. Februar 2013 hat die Klägerin als Anlage K 2 (Bl. 83 ff. d. A.), den Schlussbericht vom 9. Juli 2015 als Anlage K 4 (Bl. 94 ff. d. A.) vorgelegt.

Die Parteien streiten insbesondere über die Ursache für die Entgleisung des Zuges und den Schadensumfang.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, bei Streckenkilometer ... sei zunächst der dritte Radsatz des 16. Wagens des Zuges entgleist. Der Triebfahrzeugführer habe ungeachtet dessen die Fahrt fortgesetzt, obwohl ihm bereits kurz nach der Entgleisung die dadurch bewirkten Streckungen des Zuges hätten auffallen müssen. Nach ca. 1,9 Kilometern Fahrt im entgleisten Zustand sei der 16. Wagen an der Weiche ... vollständig entgleist, anschließend die spitz befahrene Weiche ... von der Linkslage entgleisungsbedingt in Rechtslage geraten, mit der Folge, dass die letzten drei Wagen den eingestellten Fahrweg verließen, wodurch der Zug - unstreitig - zwischen 17. und 18. Wagen, die vollständig entgleisten, auseinanderriss und infolgedessen zwangsgebremst wurde. Im Ermittlungsverfahren sei im Übrigen festgestellt worden, dass der Triebfahrzeugführer entgegen seiner Einlassung tatsächlich keinerlei Bremsung des Zuges durchgeführt habe.

Unter Bezugnahme auf den Untersuchungsbericht des Eisenbahn-Bundesamtes (Anlage K 1) und den Schlussbericht der Bundespolizeiinspektion B. (Anlage K 4) hat die Klägerin behauptet, Ursache für die Entgleisung und den daraus entstandenen Schaden sei der Umstand, dass der Triebfahrzeugführer des Zuges im Bahnhof K. bei dem Wagen Nr. 16 die Feststellbremse/Handbremse angezogen habe, um die Wagengruppe während des Lokumlaufes gegen ein Fortrollen zu sichern, und er dann vergessen habe, die Feststellbremse vor der Abfahrt wieder zu lösen. Hierfür spreche zunächst die Kürze des Zeitraums für den durchgeführten Lokumlauf, der eine Sabotage durch unbefugte Dritte, für die es ohnehin keine Anhaltspunkte gebe, ausgeschlossen erscheinen lasse, zumal sich der Triebfahrzeugführer durchgängig am Zug befunden habe. Zudem habe sich der Triebfahrzeugführer, wie das mehrfache Überschreiten der maximal zulässigen Rangiergeschwindigkeit belege, in Eile befunden, was ebenfalls dafür spreche, dass er das Lösen der Bremse schlicht vergessen habe. Des Weiteren seien erstmals hinter K., beginnend mit dem Gleis ... des Bahnhofes K. - auf diesem Gleis wurde unstreitig der Fahrtrichtungswechsel des Zuges der Beklagten durchgeführt -, Bruchstücke abgefallener Materialauftragungen und Spuren von Wärmeeintrag aufgefunden worden, wobei jedenfalls das Auffinden von Gegenständen unstreitig ist. Diese ...

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