Entscheidungsstichwort (Thema)

Stillschweigender Haftungsausschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen für die Bejahung eines stillschweigenden Haftungsausschlusses bei Gebrauchsüberlassung eines fremden Pkw.

 

Normenkette

BGB §§ 254, 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 23.07.2015; Aktenzeichen 3 O 58/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.7.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LGes Stade geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.468,32 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO)

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.

Zu Unrecht hat das LG ihm die von ihm verfolgten Schadensersatzansprüche aus dem von der Beklagten am 29.12.2014 verursachten Schaden an seinem Pkw VW Jetta versagt.

1. Die in erster Instanz von der Beklagten bestrittene Aktivlegitimation des Klägers, hinsichtlich der seitens des LGes eine weitere Aufklärung geboten gewesen wäre, steht nunmehr nach Vorlage des Kaufvertrages für den streitbefangenen Pkw sowie dessen Versicherungsunterlagen zwischen den Parteien nicht mehr im Streit (vgl. S. 2 unten der Sitzungsniederschrift des Senats vom 26.1.2016).

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung seines Pkw gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB zu. Insoweit kann offen bleiben, ob die Beklagte am Vorfallstage für die Witterungsverhältnisse zu schnell gefahren ist oder einen Fahrfehler gemacht hat. Sie hat objektiv eine Rechtsgutsverletzung vorgenommen, indem sie den Pkw des Klägers beschädigt hat. Dementsprechend wird die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht indiziert (BGH, NJW 1986, 2757 - juris Rdnr. 19) und es wäre Aufgabe der Beklagten, darzutun und ggf. zu beweisen, dass ihr an der Beschädigung des Pkws kein Verschulden - auch nicht in Form leichter Fahrlässigkeit - zur Last fällt. Hierfür fehlt es indes an jeglichem Sachvortrag. Der Unfall hat sich zudem unstreitig ohne Fremdeinwirkung ereignet, auch ein technischer Defekt des Fahrzeuges des Klägers als Unfallursache wird von der Beklagten nicht geltend gemacht.

3. Die Beklagte ist auch nicht von dieser Haftung aufgrund eines mit der Tochter des Klägers als dessen Vertreterin zustande gekommenen stillschweigenden Haftungsausschlusses frei.

Das LG hat in seinem angefochtenen Urteil auf S. 9 zunächst zutreffend die Voraussetzungen für die Annahme eines konkludent zustande gekommenen Haftungsausschlusses dargelegt.

Ausdrücklich haben die Tochter des Klägers und die Beklagte nicht über die Frage eines etwaigen Eintretenmüssens der Beklagten für von ihr bei der Benutzung des streitbefangenen Pkw verursachte Schäden gesprochen. Dies ist auch nach der Aussage der Zeugin Dr. K. nicht im Zusammenhang mit der beiläufigen Erwähnung der Höhe des Versicherungsbeitrages für das Fahrzeug geschehen.

Dementsprechend richtet sich die Beurteilung der Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses nach den Umständen des Einzelfalls. Voraussetzung für die Bejahung ist dabei immer, dass der Schädiger - wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen - einen Haftungsverzicht gefordert hätte und der Geschädigte sich dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen. Bejaht werden kann eine entsprechende konkludente Abrede demnach nur dann, wenn der Schädiger z.B. über keinen entsprechenden Versicherungsschutz verfügt, für ihn ein nicht hinnehmbares Haftungsrisiko besteht und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die im konkreten Fall einen Haftungsverzicht als besonders naheliegend erscheinen lassen (BGH, VersR 2009, 558 ff.; OLG Celle, NZV 2013, 292). Um eine solche Annahme bejahen zu können, muss ein Verhalten vorliegen, das einen hinreichend sicheren Schluss auf die wirksame Abgabe entsprechender Willenserklärungen zulässt. Nicht ausreichend sind dafür z.B. eine enge persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten oder das Bestehen eines ungewöhnlichen Haftungsrisikos.

Derartige besondere Umstände, die die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Haftungsausschlusses für nur durch einfache oder leichte Fahrlässigkeit von der Beklagten verursachte Schäden am Pkw des Klägers zulassen, sind im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Zwar verfügt die Beklagte nicht über einen Versicherungsschutz, der sie bei der fahrlässigen Verursachung von Schäden an fremden Fahrzeugen schützt, jedoch hatte auch der Kläger einen derartigen Versicherungsschutz für sein Fahrzeug nicht vereinbart. Nach den eigenen Angaben der Beklagten bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat hat diese zudem - insoweit in Übereinstimmung mit der Aussage der Zeugin Dr. K. -, das Fahrzeug von der Tochter des Klägers fak...

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