Leitsatz (amtlich)

Zu den Obliegenheiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Veranlassung von Nachbesserungsmaßnahmen im Rahmen der Schadensminderungspflicht gegenüber dem Architekten.

 

Normenkette

BGB §§ 635, 254

 

Verfahrensgang

LG Göttingen (Urteil vom 23.02.1995; Aktenzeichen 2 O 268/88)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils vom 17. September 1996 das am 23. Februar 1995 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Wohnungseigentümergemeinschaft …, bestehend aus den Parteien des Rechtsstreits sowie den Herren …, … und …, …, …, …, … und … 8.800 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Juni 1988 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Wohnungseigentümergemeinschaft … sämtliche Kosten für Schäden an der Balkonanlage und hierauf beruhend an dem Gebäude bzw. der Südfassade des Hauses … … in … zu ersetzen hat, die infolge der fehlerhaften Planung des Randanschlusses der Balkonbohlen und der unterlassenen Planung eines Spritzwasserschutzes durch das Eindringen von Niederschlagwasser in der Gebäudewand entstanden sind und künftig entstehen werden. Mehrkos ten, die dadurch entstehen und entstanden sind, dass die Balkonanschlüsse und ein Spritzwasserschutz am 30. Juni 1988 nicht ordnungsgemäß abgedichtet bzw. angebracht waren, trägt der Kläger allein.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und das Versäumnisurteil vom 17. September 1996 aufrechterhalten.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte 20 % und der Kläger 80 % nebst den Kosten seiner Säumnis im Termin vom 17. November 1988.

Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Beklagte 38 % und der Kläger 62 % nebst den Kosten seiner Säumnis im Termin vom 17. September 1996.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Beklagten wird gestattet, die Sicherheit durch eine schriftliche, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.

Streitwert vom 27. Mai 1999 (Teilannahme der Revision) bis zum 29. Mai 2000: 159.207,78 DM, vom 29. März 2000 bis zum 23. Mai 2000: 176.350,53 DM, danach: 159.207,78 DM.

Beschwer für beide Parteien: über 60.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger hat den beklagten Architekten wegen fehlerhafter Planung einer Balkonanlage auf Schadensersatz in Anspruch genommen und begehrt Feststellung weiterer Schadensersatzpflicht des Beklagten.

Die Parteien sind Mitglieder einer früheren Bauherren- und jetzigen Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Mitglieder erwarben 1982 ein Fachwerkhaus, um es zu sanieren und anschließend in Wohnungseigentum aufzuteilen. Der Beklagte erbrachte Architektenleistungen, andere Mitglieder die Bauausführung. Einen schriftlichen Architektenvertrag gab es nicht. Der Beklagte sollte die Planungsleistungen einschließlich der Leistungsphasen 8 und 9 des § 15 HOAI erbringen. Die Bauarbeiten wurden im Sommer 1984 fertiggestellt. Eine Abnahme der Architektenleistungen fand nicht statt.

Der Beklagte plante eine der Fassade des Fachwerkhauses vorgesetzte Balkonanlage von 12 einzelnen Balkonen und überwachte ihre Errichtung. Die Fußböden der Balkone bestanden aus in einem Fugenabstand von 1,5 cm verlegten Bohlen, eine Entwässerung der Balkone war nicht vorgesehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft, die Feuchtigkeitsschäden am Gebäude befürchtete, sah hierin einen Planungs- und Bauaufsichtsmangel. Ein auf ihren Antrag 1987 erstelltes Beweissicherungsgutachten bestätigte ihre Ansicht.

Der Kläger hat aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft im Mai 1988 Klage auf Zahlung eines Vorschusses von 40.000 DM mit der Begründung geltend gemacht,

der Beklagte habe die Balkonkonstruktion fehlerhaft geplant. Nach dem Hinweis des Landgerichts, ein Vorschussanspruch gegen den Beklagten bestehe aus Rechtsgründen nicht, hat sich der Kläger durch weiteren Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Juni 1989 zur Umstellung des Klagantrags auf Schadensersatz ermächtigen lassen.

Das Landgericht Göttingen hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Er hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 17. November 1988

  1. den Beklagten zu verurteilen, an die Bauherrengemeinschaft/Eigentümergemeinschaft … einen Vorschuss von 40.000 DM zum Zwecke der Mängelbeseitigung an den Balkonen zu zahlen,
  2. festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger sämtliche Kosten zu ersetzen hat, die dadurch entstanden sind und noch entstehen, dass...

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