Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftlichkeit der Invaliditätsfeststellung in der Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung des § 7 I Abs. 1 S. 3 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94), wonach die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein muss, erfordert im Sinne einer echten Anspruchsvoraussetzung eine schriftliche Invaliditätsfeststellung innerhalb der 15-Monats-Frist. Mündliche Äußerungen des Arztes, etwa gegenüber seinem Patienten, genügen nicht, so dass mangels schriftlicher Invaliditätsfeststellung innerhalb der Frist auch eine spätere Vernehmung des Arztes als Zeuge nicht in Betracht kommt.

 

Normenkette

AUB 94 § 7

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 13.06.2007; Aktenzeichen 8 O 543/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.6.2007 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, geb ... 1968, von Beruf Elektroinstallateur, macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Unfallversicherung geltend.

Zwischen den Parteien besteht ein Versicherungsvertrag, der u.a. eine Unfallversicherung mit einer Invaliditätssumme von 144.000 DM und einer 300 %-igen Progression vorsieht (Bl. 7, 34-40 d.A.). Dem Vertrag liegen die AUB 94 zugrunde (Bl. 8-17 d.A.). Am 28.4.2001 erlitt der Kläger einen Unfall beim Tanzen, als er mit dem linken Fuß umknickte und hierdurch eine Verletzung am Außenband des linken Sprunggelenks eintrat. Der Kläger zeigte diesen Schaden mit Unfallanzeige vom 15.6.2001 an (Bl. 52 d.A.). Die Frage nach früheren Unfällen wurde nicht beantwortet. Mit Schreiben vom 18.6.2001 bestätigte die Beklagte den Eingang der Schadensanzeige (Bl. 18 d.A.). Dort heißt es am Ende:

"Bitte beachten Sie folgenden Wichtigen Hinweis":

Wenn Sie eine Invaliditätsleistung beanspruchen, machen wir vorsorglich auf die Bestimmungen der Versicherungs-Bedingungen aufmerksam, wonach ein Anspruch auf Invaliditätsleistung spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablauf eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, ärztlich festgestellt und gesondert geltend gemacht sein muss. Zur Begründung bitten wir ein ärztliches Zeugnis einzureichen."

Den Hinweis wiederholte die Beklagte in einem Schreiben vom 26.10.2001, in dem sie ggü. dem Kläger von diesem zwischenzeitlich geltend gemachte Ansprüche wegen Krankenhaustage- und Genesungsgeld abrechnete (Bl. 53 d.A.). Am 29.5.2002 wies der Kläger darauf hin, nach der letzten ärztlichen Untersuchung stehe noch nicht fest, wann die Verletzung am Fuß ausgeheilt sei (Bl. 90 d.A.). Es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schädigung im linken Fuß verbleibe.

In einem ärztlichen Gutachten T. zur arbeitsmedizinischen Beurteilung des Klägers vom 18.11.2002 werden bei ihm an Gesundheitsstörungen festgestellt (Bl. 29 f. d.A.):

"Minderbelastbarkeit, Sprunggelenke bds. bei mehrfach durchgemachten Bänderrissen, vorwiegend links Ausbildung von Knorpelschaden."

Am 11.6.2003 erstellte der Orthopäde Dr. S. für den Kläger ein Attest hinsichtlich einer Umschulung, in dem er u.a. auf eine dauerhafte deutliche Beeinträchtigung des linkeren oberen Sprunggelenks verweist (Bl. 20 d.A.).

Aus einem von der Beklagten eingeholten Bericht der ... klinik Bad R. vom 7.2.2003 ergibt sich, dass der Kläger dort angegeben hatte, in den vergangenen Jahren siebenmal Außenbanddehnungen der oberen Sprunggelenke beidseits erlitten zu haben (Bl. 54 - 58 d.A.). Der Kläger räumte in einem Schreiben vom 26.2.2003 Außenbandrisse des linken Sprunggelenks in den Jahren 1983, 1985 und 1994 ein (Bl. 60 d.A.). Am 19.5.2003 schlug die Beklagte dem Kläger vor, diesem für seinen Aufenthalt in der Klinik einen Betrag von 500 EUR zu zahlen (Bl. 21 d.A.). Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.7.2003 errechnete der Kläger sich für Kranken- und Genesungsgeld einen Anspruch von 1.656,72 EUR und schlug vor, gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 1.100 EUR die Angelegenheit für alle derzeitigen und künftigen Ansprüche aus der diesem Streitfall zugrunde liegenden Versicherung beizulegen (Bl. 64 f. d.A.). Die Beklagte erklärte am 24.7.2003 ihr Einverständnis, wenn hiermit der Schaden insgesamt erledigt sei (Bl. 66 d.A.). Dem stimmte der Klägervertreter zu (Bl. 67-69 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.7.2006 machte der Kläger Ansprüche wegen Invalidität geltend (Bl. 22 d.A.). Die Beklagte lehnte Leistungen am 25.7.2006 (Bl. 23 d.A.) und am 13.10.2006 (Bl. 26 d.A.) ab.

Der Kläger hat behauptet, sein linker Fuß sei zu 70 % funktionsunfähig, was einen Invaliditätsgrad von 28 % ergebe, woraus sich unter Berücksichtigung der Progre...

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