Leitsatz (amtlich)

1. Bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung einer Prozesspartei ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Bezeichnung betroffen werden soll. Die Unrichtigkeit ist gem. § 319 ZPO zu berichtigen.

2. Bezeichnet der Antragsteller im Mahnbescheidsantrag eine durch Verschmelzung mit einer übernehmenden AG erloschene GmbH als Antragsgegnerin, legt aber die AG Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein und rügt die fehlende Passivlegitimation nicht unverzüglich, ist ihr Verhalten dahin auszulegen, dass auch sie lediglich von einer zu berichtigenden Falschbezeichnung ausgeht.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 30.11.2006; Aktenzeichen 8 O 28/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.11.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Hannover aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufung des Klägers hat mit dem auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das LG gerichteten Hilfsantrag Erfolg.

1. Das LG hat die auf Zahlung restlichen Werklohnes gerichtete Klage rechtsfehlerhaft wegen fehlender Passivlegitimation der in dem Mahnbescheidsantrag und der Anspruchsbegründung als "Deutsche Asphalt GmbH" bezeichneten Anspruchsgegnerin als unzulässig verworfen.

Zwar trifft es zu, dass die GmbH aufgrund Verschmelzung mit der übernehmenden STRABAG AG seit der Eintragung der Verschmelzung am 2.10.2003 - also bereits vor Anhängigkeit des Mahnbescheidsantrags vom 28.1.2004 - erloschen war (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 Umwandlungsgesetz). Als Anspruchsgegnerin hätte mithin richtigerweise von Anfang an die STRABAG AG genannt werden müssen. Bei der Benennung der Deutschen Asphalt GmbH als Beklagte handelte es sich indessen hier nach den gesamten Umständen nicht um eine Klage gegen die seinerzeit nicht mehr existente GmbH, zu deren Änderung es eines Parteiwechsels bedurft hätte, sondern um eine bloße Falschbezeichnung, die unschädlich und einer vom LG auf den Antrag des Klägers vom 11.4.2006 durchzuführenden Rubrumsberichtigung gem. § 319 ZPO zugänglich war.

Eine Parteibezeichnung ist als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Demgemäß ist bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Bezeichnung betroffen werden soll. Als Auslegungsmittel können dabei auch spätere Prozessvorgänge dienen (vgl. BGH, NJW 1987, 1946 - juris Rz. 8; OLG Hamm v. 30.5.1990 - 20 W 27/90, NJW-RR 1991, 188).

Die gebotene Auslegung ergibt hier mit hinreichender Deutlichkeit, dass im vorliegenden Fall von vornherein die STRABAG AG Beklagte des Rechtsstreits geworden ist. Der Kläger, der zum Zeitpunkt des Mahnbescheidsantrages (28.1.2004) aufgrund des Schreibens der STRABAG vom 5.1.2004 (Bl. 105 d.A.) bereits von der Eingliederung der Deutschen Asphalt GmbH in die AG wusste, wollte erkennbar dasjenige Rechtssubjekt verklagen, das für die Forderungen gegen die GmbH einzustehen hatte. Das war unzweifelhaft. So hat es auch die Beklagte selbst zunächst aufgefasst, indem sie in ihrem Widerspruch gegen den Mahnbescheid vom 1.3.2004 selbst das Rubrum ausdrücklich durch entsprechende handschriftliche Eintragung in dem Vordruckfeld "Antragsgegner/in" klargestellt hat ("STRABAG AG, Direktion Straßenbau Hamburg, fr. Dt. Asphalt Hannover"). Deutlich wird dies ferner daraus, dass ungeachtet der fehlerhaften Bezeichnung des Empfängers sowohl der Mahnbescheid als auch die Anspruchsbegründungsschrift jeweils durch persönliche Entgegennahme durch eine Angestellte der STRABAG AG zugestellt worden sind und die Beklagte weder mit ihrem Schriftsatz vom 28.2.2006 (Bl. 30 d.A.), mit dem sie Klagabweisung beantragte, noch in ihrer ersten sachlichen Erwiderung mit Schriftsatz vom 29.3.2006 (Bl. 44 ff. d.A.) rügte, fehlerhaft bezeichnet und tatsächlich längst mit der STRABAG AG verschmolzen zu sein. Stattdessen hat sie sich unter Übernahme der falschen Parteibezeichnung des Klägers sachlich auf die Klage eingelassen. Auf eine vermeintliche Unzulässigkeit der Klage im Hinblick auf die bereits vor Rechtshängigkeit durchgeführte Verschmelzung hat sie sich erst zwei Tage später mit Schreiben vom 31.3.2006 (Bl. 55 d.A.) berufen.

Wegen des Widerspruchsschreibens der STRABAG war auch für das Gericht von Anfang an objektiv der tatsächlich gemeinte wirkliche Rechtsträger erkennbar. Eine Verwechslungsgefahr zwischen dem in den Schriftsätzen bezeichneten und dem tatsächlich gemeinten Anspruchsgegner bestand zu keinem Zeitpunkt, da ...

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