Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung eines Unterhaltstitels

 

Verfahrensgang

AG Langen (Urteil vom 07.03.1996; Aktenzeichen 11 F 84/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 07.03.1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Langen geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin gewährt der geschiedenen Ehefrau des Beklagten seit 1989 durchgängig Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes in unterschiedlicher Höhe. Die Ehe des Beklagten und seiner Ehefrau wurde durch Urteil vom 16.04.1987 geschieden. Durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 22.12.1988 – … – wurde der Beklagte u.a. verurteilt, ab 01.10.1988 einen monatlichen Unterhalt von 760 DM zu zahlen. Eine dagegen eingelegte Berufung hat der Beklagte später zurückgenommen. Anspruchsgrundlage war ausweislich der Entscheidungsgründe § 1573 Abs. 2 BGB. Die geschiedene Ehefrau des Beklagten verfügte seinerzeit über ein eigenes Einkommen aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von 384 DM sowie über Einkünfte aus Kapitalvermögen von 83,36 DM.

Die Klägerin, auf die die Unterhaltsansprüche übergegangen sind und die den Beklagten davon in Kenntnis gesetzt hat, hat mit der am 11.03.1995 zugestellten Abänderungsklage Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 1.160 DM mit der Begründung begehrt, die gesundheitlichen Beschwerden der geschiedenen Ehefrau hätten sich seit 1990 erheblich verstärkt. Diese sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Durch Urteil vom 07.03.1996 hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der die Auffassung vertritt, ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 4 BGB, auf den das Amtsgericht seine Entscheidung gestützt habe, scheitere bereits daran, daß ein Einsatzzeitpunkt fehle. Darüber hinaus sei die Ehefrau nach wie vor in der Lage, zumindest einen Teil ihres Unterhaltsbedarfs durch eine Erwerbstätigkeit zu decken.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Ein auf § 1572 Nr. 4 BGB gestützter Unterhaltsanspruch, der über 760 DM hinausgeht, besteht nicht. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Die Befugnis des klagenden Landes, Zahlung von Unterhalt für die Zukunft zu verlangen, ergibt sich aus § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG. Danach kann der Träger der Sozialhilfe dann, wenn die Hilfe voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werden muß, bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistung klagen. In den Ausspruch des einer solchen Klage stattgebenden Urteils wäre jedoch die Bedingung aufzunehmen, daß künftig Sozialhilfe in Höhe der zugesprochenen Beträge geleistet wird (vgl. dazu: Kunkel, FamRZ 1994, 542, 548, 549, sowie zum alten Recht: BGH, FamRZ 1992, 797 ff.). Hilfe auf längere Zeit leistet ein Träger der Sozialhilfe dann, wenn abzusehen ist, daß der vom Unterhaltspflichtigen einzuklagende Unterhaltsbeitrag hinter dem Sozialhilfebedarf zurückbleibt, aber auch dann, wenn bis zur Realisierung des Unterhalts längere Zeit vergehen wird. Aus der vom klagenden Land überreichten Aufstellung vom 19.06.1996 ergibt sich, daß in jedem Monat des hier streitigen Unterhaltszeitraums (ab 11.03.1995) monatlich mehr als 400 DM an Sozialhilfe erbracht worden sind. Angesichts der bei der früheren Ehefrau des Beklagten vorhandenen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist davon auszugehen, daß auch in Zukunft – ergänzende – Sozialhilfe gewährt werden wird.

Das klagende Land ist auch aktiv legitimiert, im Fall einer behaupteten Erhöhung des Unterhaltsanspruchs infolge einer Veränderung der Verhältnisse die Abänderungsklage nach § 323 ZPO zu erheben (BGH FamRZ 1992, a.a.O.; OLG Zweibrücken FamRZ 1986, 190; Kunkel a.a.O.).

2. Ein Anspruch des klagenden Landes aus übergegangenem Recht besteht aber nur im Umfang des am 22.12.1988 titulierten Betrages von 760 DM.

a) Grundlage des abzuändernden Titels war ausschließlich § 1573 Abs. 2 BGB. Ob seinerzeit und gegebenenfalls in welchem Umfange schon gesundheitliche Beeinträchtigungen bestanden haben, ist unerheblich, weil diese jedenfalls nicht zu einer Erwerbsunfähigkeit geführt haben. Kann aber ein Unterhaltsberechtigter erwerbstätig sein, wenngleich aufgrund seiner körperlichen Gebrechen nicht in allen Bereichen, so ist Anspruchsgrundlage nicht § 1572, sondern § 1573 Abs. 2 BGB (BGH FamRZ 1993, 789 ff.).

b) Voraussetzung eines Unterhaltsanspruchs aus § 1572 Nr. 4 BGB ist, daß seit Rechtskraft der. Scheidung (16.04.1987) bis zum Einsatzzeitpunkt des § 1572 Nr. 4 BGB (krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit) durchgehend ein Anspruch aus § 1573 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB bestanden hat (vgl. zum Einsatzzeitpunkt auch: BGH FamRZ 1988, 926, 929). Zwar ist das Erwerbseinkommen, das die frühere Ehefrau des Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses des abzuändernden Urteils in Höhe von ...

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