Entscheidungsstichwort (Thema)

Enge Auslegung der Baurisikoklausel in der Rechtsschutzversicherung

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 16.01.2004; Aktenzeichen 8 O 101/03)

 

Tenor

Das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hannover vom 16.1.2004 wird abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 9.839,58 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.5.2003 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 Euro hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstreitigkeiten gegen H.-G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.-Bank, B., entstehenden Kosten zu tragen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren Rechtsschutz aus einem bei der Beklagten zum 1.12.1991 geschlossenen Versicherungsvertrag, dem die mit den ARB 75 identischen Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten zugrunde liegen (Bl. 2, 50 f. d.A.). Diese bestimmen u.a. in § 4 Abs. 1k:

"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteils stehen."

Am 7.10.1991 begann die W.S. GmbH & Co. Bauprojekte-KG mit der Errichtung eines aus 187 Appartements bestehenden "Boarding-Houses" (Hotel Garni) in C. Hierbei handelte es sich um ein Anlageobjekt, wobei die Erwerber der einzelnen Appartements nach der zugrunde liegenden Teilungserklärung verpflichtet waren, nur an einen Pächter zu vermieten. Fertig gestellt werden sollte das Objekt bis Frühjahr 1993.

Die Kläger hatten Kontakt zu einem Anlageberater S. in S., der diese Appartements als Kapitalanlage ohne Eigenmittel mit zu erwartenden steuerlichen Vorteilen vermittelte. Am 7.4.1993 unterbreiteten die Kläger der T. Verwaltungen GmbH in C. das notarielle Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages (Bl. 24-33 d.A.). Dieser sieht den Erwerb eines der Appartements in der Anlage sowie den Abschluss der dazugehörigen Darlehensverträge vor. Die T. Verwaltungen GmbH schloss in Ausführung dieses von ihr angenommenen Vertragsangebotes im Namen und mit Vollmacht der Kläger am 17.5.1993 einen Kaufvertrag mit der W.S. GmbH & Co. Bauprojekte-KG, der den Erwerb eines 52,76/10.000 Miteigentumsanteil an dem Flurstück 3751 und 3752 der Gemarkung S. verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement Nr. 28 zum Preis von 141.657,45 DM zum Gegenstand hat (Bl. 6-23 d.A.). In Ziff. 3.6 trat die Verkäuferin ihren Kaufpreisanspruch an die C. Volksbank eG ab, während die Kläger in Ziff. 3.7. des Vertrages ihren Auflassungsanspruch an diese Bank abtraten.

Die Kläger nahmen zur Finanzierung des Erwerbs im Mai 1993 zwei Kredite auf, nämlich bei der C. Volksbank eG i.H.v. 53.600,28 Euro (= 104.833,03 DM) und bei der D.-Bank i.H.v. 66.467,94 Euro (130.000 DM).

Nach Fertigstellung konnte das Objekt zunächst nicht verpachtet werden. Erst nach einiger Zeit fand sich ein Pächter, der jedoch nach 8 Monaten Konkurs anmeldete. Dies führte bei den Klägern zu einem bleibenden Ausfall von Einkünften (Bl. 2 d.A.). Die Beklagte lehnte die von den Klägern begehrte Deckungszusage für Verfahren gegen die finanzierenden Banken und den Vermittler S. mit Schreiben vom 13.12.2002 unter Berufung auf die Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1k ARB ab (Bl. 34 f. d.A.).

Die Kläger haben behauptet, das gesamte Konzept für die Anlage sei von vornherein realitätsfremd gewesen und habe auf unzutreffenden Kalkulationen beruht. Diese schlechte Konzeptionierung sowie das daraus resultierende drohende Scheitern des Gesamtprojektes seien sowohl dem Vermittler als auch den finanzierenden Banken, die sich hier für den Konzeptionär engagiert hätten, bekannt gewesen (Bl. 2 f., 57 f. d.A.). Die Kläger müssten deshalb so gestellt werden, als hätten sie sich nicht zum Kauf des Miteigentumsanteils entschlossen und folglich auch die beiden Darlehen nicht aufgenommen. In den drei zu führenden Verfahren sei hierbei ggü. Herrn S. von einem Gegenstandswert von 120.068,22 Euro, ggü. der D.-Bank von 66.467,94 Euro sowie ggü. der C. Volksbank von 53.600,28 Euro auszugehen (Bl. 5 d.A.). Hierfür errechne sich unter Berücksichtigung des Gerichtskostenvorschusses in den Verfahren sowie einer 7,5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zunächst ein zu zahlender Betrag von 9.839,59 Euro.

§ 4 Abs. 1k ARB 75 sei nicht einschlägig, weil es sich nicht um das spezifische Risiko eines mangelhaften Baus, sondern um ein Beratungsverschulden im Bereic...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge