Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzpflicht der kreditgebenden Bank, Wissensvorsprung, Schaffung eines besonderen Gefährungstatbestandes, "Schrottimmobilien"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die mit einem Mietpool verbundenen Risiken muss eine Bank, die den Beitritt zu einer Mieteinnahmegemeinschaft zur Voraussetzung für die Auszahlung des Darlehens gemacht hat, u.a. dann aufklären, wenn sie weiß, dass der Mietpool an seine Mitglieder konstant überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt. Ein einmaliger negativer Kontoabschluss reicht indes noch nicht aus, um eine solche konstant überhöhte Ausschüttung annehmen zu können.

2. Eine Diskrepanz zwischen versprochener und tatsächlich erzielter Miete i.H.v. 22,18 % stellt noch keine evidente Abweichung dar, wonach eine Kenntnis der Bank im Falle der arglistigen Täuschung des Käufers durch den Verkäufer/Vermittler widerleglich vermutet wird.

3. Von der dem Käufer im Vorhinein avisierten Miete ist allein wegen seiner Verpflichtung zum Beitritt zu einer Mieteinnahmegemeinschaft kein Abschlag vorzunehmen, es sei denn, es bestehen bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses konkrete Hinweise auf eine dauerhafte Mietausfallwahrscheinlichkeit in nicht unbeträchtlicher Höhe.

4. Eine Aufklärungspflicht der Bank kommt auch dann in Betracht, wenn sie Kenntnis oder aufgrund institutionalisierten Zusammenwirkens eine vermutete Kenntnis davon hat, dass der Käufer über die mit der Instandhaltung des von ihm erworbenen Eigentums verbundenen erforderlichen Aufwendungen arglistig getäuscht worden ist.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 09.03.2004; Aktenzeichen 7 O 362/02)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.11.2012; Aktenzeichen 1 BvR 3238/08, 1 BvR 3239/08)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 9.3.2004 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, soweit sie sich darin der persönlichen Haftung unterworfen haben. Sie machen ggü. der Beklagten u.a. geltend, Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs einer vermieteten Eigentumswohnung und der damit im Zusammenhang stehenden Finanzierung durch die Beklagte zu haben, die sie der Vollstreckung entgegen halten. Im (zweiten) Berufungsverfahren geht es insoweit im Wesentlichen nur noch um Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen der Verletzung einer eigenen Aufklärungspflicht durch die Beklagte. Mit der Hilfswiderklage verlangt die Beklagte, der auch etwaige Ansprüche der Y-Bank (im Folgenden: Y-Bank) abgetreten worden sind, die Rückzahlung ausgereichter Darlehen.

Der als Vermittler oder Untervermittler für die H. Gruppe tätige J ... F. suchte die Kläger Ende Juli 1998 zu Hause auf, um ihnen den Erwerb einer kreditfinanzierten Eigentumswohnung zur Vermögensbildung und als Steuersparmodell nahe zulegen. Es gab in diesem Zusammenhang mehrere Besuche. Dabei legte der Vermittler den Klägerin u.a. ein persönliches Berechnungsbeispiel vom 23.7.1998 (Anlage 1) vor, das von monatlichen Mieteinnahmen i.H.v. 344,56 DM, aber auch von monatlichen Kosten für Verwaltergebühren (60,32 DM) und Instandhaltungskosten (42,46 DM) ausging. Am 10.8.1998 unterzeichneten die Kläger einen Besuchsbericht (D 3/BB 23) und ein Merkblatt über Risikohinweise (B 3). Hieraus ergaben sich monatliche Vorauszahlungen auf die Mietpoolausschüttung von zzt. 345 DM; ferner waren monatliche Aufwendungen für Nebenkosten von 103 DM (für Mietpool, WEG-Verwaltung und Instandhaltungsrücklage) vorgesehen. Des Weiteren unterschrieben die Kläger - noch vor Abschluss des später mit der Beklagten und der Y-Bank geschlossenen Darlehensvertrages - eine Vereinbarung über die Mietenverwaltung, mit der sie der Mieteinnahmegemeinschaft für das zu erwerbende Objekt beitraten (B 22) und ein weiteres Besuchsprotokoll (B 4).

Die Kläger gaben am 20.8.1998 ein notarielles Angebot zum Erwerb einer in der Wohnungseigentumsanlage V. belegenen 44,69 m2 großen (sanierten) Eigentumswohnung (Baujahr 1968) ab, das die Verkäuferin, die L. GmbH (L.) am 1.9.1998 annahm. Den Erwerb (Gesamtaufwand von 127.000 DM einschließlich Erwerbsnebenkosten; der reine Kaufpreis betrug 114.406 DM) finanzierten die Kläger über ein - am 19./24.8.1998 abgeschlossenes - Vorausdarlehen der Y-Bank, das durch zwei bei der Beklagten abgeschlossene Bausparverträge abgelöst werden sollte. Ebenfalls am 1.9.1998 bestellten die Kläger zugunsten der Beklagten zur UR-Nr. 1725/98 des Notars Dr. B. W. mit Amtssitz in W. eine Grundsc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge