Leitsatz (amtlich)

1. Zum Umfang des Mitverschuldens bei einem Hundebiss in die Hand.

2. Zur Bemessung des Schmerzensgeldes bei einer Morbus-Sudeck-Erkrankung.

 

Normenkette

BGB §§ 253, 823

 

Verfahrensgang

LG B (Urteil vom 11.07.2013)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.7.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG B. abgeändert und die Beklagte verurteilt, über die in dem genannten Urteil ausgeurteilten Beträge an die Klägerin weitere 4.000 EUR (auf immaterielle Schäden) nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 27.5.2011und weitere 4.606,84 EUR (auf materielle Schäden) nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 25.1.2014 zu zahlen. Die weiter gehende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 52 % und die Beklagten zu 48 %. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 46 % und die Beklagte 54 %.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Dieses Urteil und das am 11.7.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG B. sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % der aufgrund beider Urteile vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 84.816 EUR (37.016 Zahlungsantrag materielle Positionen, 19.000 Zahlungsantrag Schmerzensgeld; 28.800 Feststeller) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Halterin des Hundes X. auf Ersatz derjenigen Schäden in Anspruch, die ihr aus einem Biss des Hundes in ihre rechte Hand am ... 2010 erwachsen sind.

Die Parteien streiten darum, in welchem Umfang der Klägerin ein Mitverschulden anzurechnen ist und ob eine nach dem Biss aufgetretene Morbus-Sudeck-Erkrankung der Klägerin an der verletzten Hand ursächlich auf den Biss oder auf eine vorherige Brandverletzung zurückzuführen ist.

Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das LG hat der Klage mit der angefochtenen Entscheidung nach Vernehmung von Zeugen zum Unfallhergang, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie nach Vernehmung der vorbehandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen in Gegenwart des Sachverständigen teilweise stattgegeben.

Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt:

1. Zum Umfang des Mitverschuldens

Als die Klägerin ihren Hund mit dem Arm umfasst habe, um ihm vom Hund der Beklagten wegzuziehen, sei der Hund der Beklagten nur 1 bis 1,5 m entfernt gewesen, wenngleich noch von der Beklagten festgehalten worden. Dieser Abstand sei zu gering gewesen, um gefahrlos die bloße Hand dazwischen zu stecken. Da die Klägerin aber habe annehmen dürfen, dass die Beklagte deeskalierend auf ihren Hund einwirken würde und im Übrigen vom Hund der Beklagten die Aggression ausgegangen sei, sei unter Einbeziehung des vom eigenen Hund ausgehenden Mitwirkungsanteils eine Haftungsquote von 60 % zu Lasten der Klägerin angemessen.

2. Zum Ursachenzusammenhang von Bissverletzung und Morbus-Sudeck-Erkrankung

Ferner habe die Klägerin beweisen können, dass die Hundebissverletzung mit einem atypischen Heilungsverlauf zur Morbus-Sudeck-Erkrankung in der verletzten Hand der Klägerin geführt habe. Diese Feststellung lasse sich auf die Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. stützen, der die Verbrennung der Fingerspitzen der rechten Hand im Jahre 2009 als Ursache für die im Anschluss an den Biss Ende 2010 aufgetretenen und als Morbus-Sudeck einzustufenden Beschwerden ausschließen könne. Vielmehr sei diese Erkrankung nicht auf die Verletzung des Jahres 2009, sondern einzig auf den Biss im ... 2010 zurückzuführen.

3. Zur Schadenshöhe

Der Klägerin stehe unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens und unter Bezugnahme auf einige von Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeiträge 2013, zusammengetragene Präjudizien ein Schmerzensgeld i.H.v. 8.000 EUR zu.

Die materiellen Schäden habe die Klägerin im Wesentlichen unbestritten dargetan. Für ihre Fahrten zu Behandlungsterminen könne sie nur die um geschätzte 20 % günstigeren Taxitarife veranschlagen, von ihren Berechnungen zu eigenem Kilometergeld und zum Zeitaufwand ihres Ehemannes seien also 80 % abzusetzen.

Von den so errechneten materiellen Schäden (Behandlungskosten, Fahrtkosten, Verdienstausfall) könne die Klägerin nur 40 % ersetzt verlangen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel, gerichtet auf Verurteilung der Beklagten ohne Anrechnung eines eigenen Mitverschuldensanteils, weiter und erweitert ihren Zahlungsantrag um im Zeitraum von März 2013 bis Mitte Januar 2014 erlittene Vermögensnach...

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