Entscheidungsstichwort (Thema)

Nötigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung bei Blockadeaktionen durch Anketten im Bereich einer Gleisanlage.

 

Normenkette

StGB §§ 316b, 240

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.09.2005; Aktenzeichen 2 BvR 1656/03)

 

Tenor

I.

  1. Die Revisionen der Angeklagten … und … werden auf ihre Kosten verworfen.
  2. Auf die Revisionen der Angeklagten … und … wird das angefochtene Urteil unter Verwerfung der weiter gehenden Rechtsmittel im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

II. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten nicht wegen Nötigung verurteilt worden sind, sowie im Rechtsfolgenausspruch.

III. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten … und …, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts … zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Die Staatsanwaltschaft … hat den Angeklagten mit Anklageschrift vom 14. August 2001 jeweils eine gemeinschaftlich begangene Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit gemeinschaftlich begangener Störung öffentlicher Betriebe gemäß §§ 316 b Abs. 1 Ziff. 1, 25 Abs. 2 StGB vorgeworfen. Das Amtsgericht … hatte die Angeklagten am 22. Mai 2002 lediglich wegen gemeinschaftlicher Störung öffentlicher Betriebe jeweils zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen á 15 EUR verurteilt und die sichergestellten Tatwerkzeuge eingezogen. Auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten hat das Landgericht durch die angefochtene Entscheidung das Urteil des Amtsgerichts … unter Verwerfung der Rechtsmittel im Übrigen im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass die Tagessatzhöhe bezüglich der Angeklagten … und … auf 10, 15, bzw. 33 EUR festgesetzt und der Angeklagte … zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 10 EUR verurteilt wird.

2. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:

a) Der Angeklagte … hat den Beruf des Automechanikers erlernt. Er lebt jedoch derzeit von Arbeitslosenhilfe in Höhe von monatlich 320 EUR. Er ist bisher unbestraft. Ein Strafverfahren, in dem gegen ihn im Zusammenhang mit einem früheren CastorTransport im März 1997 Anklage wegen Störung öffentlicher Betriebe erhoben worden war, ist gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 200 DM eingestellt worden. Der Angeklagte hatte sich mit einer weiteren Person in einem unter dem Gleis der Bahnstrecke … hindurchgeführten Metallrohr angekettet, wobei beide Personen jeweils einen Arm in das Rohr eingebracht hatten.

Der Angeklagte … ist Geograf, lebt jedoch derzeit von Sozialhilfe. Er wurde durch Urteil des Amtsgerichts … vom 5. April 2001 wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15 DM verurteilt, die bereits vollstreckt ist. Zugrunde lag eine Besteigung des … Fernsehturms, um durch die Enthüllung mitgebrachter Transparente gegen ein spanisches Staudammprojekt zu protestieren.

Der Angeklagte … ist von Beruf Bauhandwerker und erzielt als reisender Handwerker monatliche Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 150 EUR bei freier Kost und Logis. Der Angeklagte ist unbestraft. Ein bei dem Amtsgericht … anhängi

ges Strafverfahren, in dem gegen den Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Störung öffentlicher Betriebe im Zusammenhang mit der Blockadeaktion des CastorTransports im März 1997 ein Strafbefehl erlassen worden war, wurde in der Hauptverhandlung gemäß § 153 a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 200 DM eingestellt.

Der Angeklagte … ist von Beruf Tischler. Da der Angeklagte Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht gemacht hat, hat das Landgericht sein monatliches Nettoeinkommen auf 1.000 EUR geschätzt. Der Angeklagte ist unbestraft.

b) Am Abend des 27. März 2001 sollte auf der Bahnstrecke … ein CastorTransport durchgeführt werden, der Abfallprodukte aus der Wiederaufbereitungsanlage … in … in das Zwischenlager … transportierte. Inhaberin der erforderlichen atomrechtlichen Genehmigung war ursprünglich die … und nach deren Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ab 1998 die …, ein einhundertprozentiges Tochterunternehmen der …. Die … hatte ihrerseits die … als den für Gütertransporte zuständigen Unternehmensteil der … mit der Durchführung des Transports beauftragt. Neben einer zentralen Einsatzleitung, die aus …, Fachleuten der Bahn, der Polizeiführung und der Aufsichtsbehörde bestand, wurde eine örtliche Einsatzleitung in einem gesonderten Waggon des Transportzuges untergebracht. Die Sicherung des Transportes oblag der Polizei, bahntechnische Entscheidungen oblagen dem Lokführer oder seinem Vorgesetzten. Für die gesamte 13. Kalenderwoche des Jahres 2001, also bereits einige Tage vor dem 27. März 2001, war der Personennahverkehr auf der Strecke …, auf der normalerweise kein Gütertransportverkehr stattfindet, durch Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs auf die Straße verlegt ...

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