Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachfolge in Geschäftsanteilen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine auf den Tod eines Gesellschafters bedingte Verpflichtung anderer Gesellschafter, ererbte Anteile nach Eintritt der Bedingung zu den im Gesellschaftsvertrag festgelegten onditionen abzutreten ist gesellschaftsrechtlich zulässig. Sie kann auch in der Weise begründet werden, dass sie auf Abtretung an einen Dritten gerichtet ist.

2. Beschränkungen der Abfindungssumme, die im allgemeinen den Bestand des Unternehmens durch die Einschränkung des Kapitalabflusses sichern und die Berechnung des Abfindungsanspruches vereinfachen sollen, sind grundsätzlich zulässig. Derartige Abfindungsbeschränkungen finden lediglich dort ihre Grenze, wo es nach den Maßstäben von Treu und Glauben dem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr zuzumuten ist, sich mit der Abfindung entsprechend der vertraglichen Regelung zufriedenzugeben.

 

Normenkette

BGB § 328; GmbHG § 34

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 01.06.1994; Aktenzeichen 23 O 14/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Juni 1994 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 92.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Spar- und Darlehenskasse erbracht werden.

Wert der Beschwer der Klägerin: 4.948.076,31 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Einziehung ererbter Geschäftsanteile und die in diesem Zusammenhang gefaßten Gesellschafterbeschlüsse der Beklagten vom 24.01.1994.

Die Klägerin ist Alleinerbin des am 25.04.1993 verstorbenen Herrn … Dieser war bis zu seinem Tode mit einem Anteil von 15.500 DM (= 31 %) Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der Beklagten, die ein Stammkapital zum Nennwert von 50.000 DM hat. Das Unternehmen der Beklagten, inzwischen eine Holdinggesellschaft mit nur wenigen Mitarbeitern, wurde im Jahr 1914 von dem Fabrikbesitzer A. gegründet. Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag beruht im wesentlichen auf Verfügungen des Fabrikbesitzers A. in seinem Testament vom 27.10.1942 und einem Nachtrag vom 28.08.1943 (Bl. 25 GA). Darin setzte er einige seiner langjährigen Mitarbeiter als Vorerben ein, um sie für ihre treuen, langjährigen Dienste bei Aufbau und Führung der … GmbH zu belohnen. Letzte Nacherbin sollte die B. werden. Der aktuelle Gesellschaftsvertrag (Bl. 16 f GA), dessen Übereinstimmung mit den Änderungsbeschlüssen der Gesellschafterversammlung durch eine Bescheinigung des Notars … vom 18.09.1989 (Bl. 24 GA) belegt wird, basiert in seinen wesentlichen Regelungen immer noch auf dem Testament des Herrn A.. Dieser Gesellschaftsvertrag enthält in § 6 u. a. Regelungen über die Einziehung von Geschäftsanteilen. In § 7 enthält er Regelungen über das Ausscheiden von Gesellschaftern, insbesondere die Verpflichtung ausscheidender Gesellschafter bzw. deren Erben, den Geschäftsanteil im Falle des Ausscheidens gemäß den Weisungen der Geschäftsführung nach bestimmten Grundsätzen zu übertragen. Das für die Übertragung zu zahlende Entgelt ist für alle Übertragungsfälle auf 220 % des Nennwerts der Geschäftsanteile festgelegt.

Entsprechend diesen Regelungen sind in den vergangenen Jahren das Ausscheiden und der Neueintritt von Gesellschaftern mehrfach durchgeführt worden. Wegen des genauen Inhalts des Gesellschaftsvertrags wird auf Bl. 16–23 GA verwiesen.

Mit Schreiben vom 17.06.1993 (Bl. 461 GA), 06.08.1993 (Bl. 98 GA) und 22.10.1993 (Bl. 45 GA) forderte die Beklagte die Klägerin auf, als Alleinerbin des Herrn … die ererbten Geschäftsanteile auf die Beklagte oder eine von ihr zu benennende Person zu übertragen. Diese Übertragung wurde von der Klägerin zunächst verzögert und später dann verweigert. Daraufhin faßte die Beklagte auf einer mit Schreiben vom 03.01.1994 (Bl. 69 GA) und 13.01.1994 (Bl. 71 GA) einberufenen Gesellschafterversammlung am 24.01.1994 den Beschluß, den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen. Darüber hinaus faßte die Beklagte weitere Beschlüsse zur Änderung des § 7 des Gesellschaftsvertrages. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24.01.1994 (Bl. 99 GA) Bezug genommen. Den Abfindungsbetrag von 34.100 DM hat die Beklagte der Klägerin am 10.02.1994 überwiesen. Bereits vor der Gesellschafterversammlung vom 24.01.1994, nämlich am 20.01.1994, schenkte die Klägerin ihrer Tochter, Frau C. durch notariellen Vertrag (Bl. 114 GA) ihren Geschäftsanteil und ließ sich in derselben Urkunde den Nießbrauch an dem übertragenen Anteil einräumen.

Die Klägerin hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, die Einziehung des Geschäftsanteils sei unwirksam. Es bestehe allenfalls eine...

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