Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Ermittlung des Reinertrages eines Landguts nach § 2049 II BGB sind vom Rohertrag als betriebliche Kosten auch (fiktive) Lohnansprüche des Betriebsinhabers und seiner nicht entlohnten mitarbeitenden Familienangehörigen in Abzug zu bringen.

2. Bei den vom Reinertrag abzusetzenden übernommenen Verbindlichkeiten sind Altenteilsverpflichtungen entsprechend der tatsächlichen Lebenszeit des Altenteilers in Ansatz zu bringen, sofern der Altenteiler im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt bereits verstorben ist.

 

Normenkette

BGB §§ 2049, 2312

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 01.03.2006; Aktenzeichen 2 O 418/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1.3.2006 verkündete Schlussurteil der 2. Zivilkammer des LG Stade teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen jeweils einen Betrag von 4.241,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die - weiteren - Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz verteilen sich wie folgt: von den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen haben diese jeweils 53 %, der Beklagte jeweils 47 % zu tragen; von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben die Klägerinnen jeweils 26,5 %, der Beklagte 47 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für die Parteien: unter 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ausgleichszahlungen anlässlich eines Erbfalls.

Die Parteien sind Geschwister. Sie sind die Kinder der am ... 1923 geborenen und am ... 2003 verstorbenen Erblasserin. Der Ehemann der Erblasserin ist vorverstorben. Die Parteien sind gesetzliche Erben zu je 1/3 nach ihrer Mutter.

Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 22.12.1998 übertrug die Erblasserin ihren gesamten Grundbesitz auf den Beklagten. Bei diesem Grundbesitz handelt es sich um ein Landgut, dessen Hofvermerk im Jahr 1980 gelöscht wurde. In dem Überlassungsvertrag wurde der Erblasserin ein Altenteilsrecht gewährt, dessen Jahreswert mit 6.000 DM entsprechend 3.067,75 EUR angegeben wurde. Der Beklagte wurde am 26.7.1999 als Eigentümer eingetragen.

Der Einheitswertbescheid vom 4.4.1999 weist einen Einheitswert des Grundbesitzes von 35.900 DM aus.

Der Einzelrichter hat unter dem 9.12.2004 ein Anerkenntnis-Teil-Urteil erlassen. Hiernach wurde der Beklagte verurteilt, durch Vorlage eines Gutachtens Auskunft zum Ertragswert des Landgutes - unter Tragung der Gutachterkosten durch die Klägerinnen - zu erteilen.

Die Klägerinnen haben nach Erstattung des Gutachtens beantragt, den Beklagten zur Zahlung von jeweils 9.000 EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2004 zu verurteilen.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat die Kammer angegeben, der Anspruch der Klägerinnen beruhe auf § 2325 i.V.m. §§ 2042, 2047, 2049 BGB. Nach dem Gutachten des Sachverständigen - das aufgrund eines offensichtlichen Rechenfehlers von der Kammer korrigiert wurde - liege ein Ertragswert von 332.690 DM entsprechend 170.101,70 EUR vor. An Passiva seien Grundschulden von 86.919,62 EUR sowie Beerdigungskosten von 2.785,40 EUR und das Altenteil mit einem Wert von 22.305,61 EUR, insgesamt also 112.010,63 EUR in Ansatz zu bringen. Der Überschuss an Aktiva betrage 58.691,07 EUR und müsse gem. § 2325 Abs. 1 BGB dem Nachlass als sog. gemischte Schenkung hinzuzurechnen sein. Der den Klägerinnen zustehende Zahlungsanspruch in Höhe des jeweils geltend gemachten Pflichtteils von 1/6 sei demnach mindestens in Höhe der beantragten 9.000 EUR begründet.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er bemängelt, dass das LG von einem falschen Ertragswert des Landguts ausgegangen sei und im Übrigen das Altenteil falsch bewertet habe. Unter Bezugnahme auf eine zwischen den Instanzen, außerhalb des Rechtsstreits vorgenommene Berechnung des Sachverständigen, der einen Fehler korrigiert habe (Bl. 238 ff. II), trägt er vor, der Ertragswert des landwirtschaftlichen Betriebs betrage insgesamt 276.400 DM entsprechend 141.321,02 EUR. Das Altenteil müsse mit monatlich 1.300 DM bewertet werden. Der im Übergabevertrag genannte Wert von 6.000 DM jährlich sei allenfalls im Beurkundungsinteresse angegeben worden.

Er stellt den Antrag, das Urteil des LG Stade vom 1.3.2006 (2 O 418/04) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen stellen den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat hat erneut Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. K.G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das lose bei den Akten befindliche Gutachten vom 18.4.2007 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet. Den Klägerinnen steht ein Pflichtteil...

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