Leitsatz (amtlich)

a) Eine Rüge i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB muss erkennen lassen, dass von der Vergabestelle die Beseitigung des angesprochenen Vergaberechtsfehlers gefordert wird.

b) "Nachgeschobene" Rügen aufgrund erst im Nachprüfungsverfahren erkannter Vergaberechtsverstöße müssen so rechtzeitig vorgetragen werden, dass sie nicht zu einer Verzögerung des Nachprüfungsverfahrens führen. Ihre Zulässigkeit setzt ferner voraus, dass der betreffende Vergaberechtsverstoß unverzüglich vor der Vergabekammer/dem Vergabesenat geltend gemacht wird. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

 

Normenkette

GWB § 107 Abs. 3 S. 1

 

Gründe

A. Mit Bekanntmachung vom 31.1.2007 schrieb die Auftraggeberin den Bauauftrag "Grunderneuerung der BAB A 39 von km 12,231 bis km 15,335 beide Richtungsfahrbahnen" europaweit als offenes Verfahren aus. Der Auftrag beinhaltet die Grunderneuerung der Fahrbahn der BAB A 39, das Herstellen der Markierung, Verkehrssicherungsarbeiten, die Erneuerung der Entwässerungsanlagen sowie die Herstellung von Schutzeinrichtungen. Eine Aufteilung in Lose ist nicht vorgesehen, Varianten/Alternativangebote sind zugelassen. Nach Maßgabe der EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe sollen als Zuschlagskriterien der Preis nach der Wertungssumme des Angebotes zu 85 % und der technische Wert - mit den Unterkriterien "Bauverfahren", "Qualitätssicherung", "Geräteeinsatz" und "Umwelt" - zu 15 % gewichtet werden. Nebenangebote sind - mit Ausnahme von Pauschalierungen für Leistungen im Erdbau - zugelassen. Bezüglich der Mindestbedingungen wird auf Abschnitt 1.5. der Baubeschreibung und auf den beigefügten Vordruck "StB-Mindestanforderungen" hingewiesen, in welchem die einschlägigen Regelwerke aufgeführt sind. Die Bewerbungsbedingungen enthalten für Nebenangebote unter Ziff. 5 u.a. folgende formale Regelungen:

5.1 Nebenangebote müssen auf besonderer Anlage gemacht und als solche deutlich gekennzeichnet sein; deren Anzahl ist an der im Angebotsschreiben bezeichneten Stelle aufzuführen.

5.2 Sind Nebenangebote zugelassen, müssen sie die geforderten Mindestbedingungen erfüllen, dies ist mit Angebotsabgabe nachzuweisen.

5.3 Der Bieter hat die in Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben; die Gliederung des Leistungsverzeichnisses ist, soweit möglich, beizubehalten. Nebenangebote müssen alle Leistungen erfassen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Soweit der Bieter eine Leistung anbietet, deren Ausführung nicht in allgemeinen technischen Vertragsbedingungen oder in den Verdingungsunterlagen geregelt ist, hat er im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistung zu machen.

5.4 Nebenangebote sind, soweit sie Teilleistungen (Positionen) des Leistungsverzeichnisses beeinflussen (ändern, ersetzen, entfallen lassen, zusätzlich erfordern), nach Mengenansätzen und Einzelpreisen aufzugliedern (auch bei Vergütung durch Pauschalsumme).

5.5 Nebenangebote, die den Nr. 5.1 erster Halbsatz, 5.2 bis 5.4 nicht entsprechen, werden von der Wertung ausgeschlossen.

Nach Maßgabe der Niederschrift über die Angebotseröffnung am 29.3.2007 waren sieben Angebote fristgerecht bei der Auftraggeberin eingegangen. Nach den geprüften Angebotsendsummen der Hauptangebote liegt das Hauptangebot der Antragstellerin auf Rang drei, das der Beigeladenen auf Rang 4.

Über das Vergabeverfahren hat die Auftraggeberin unter dem 30.5.2007 einen Vergabevermerk angefertigt. Ziff. 8.4.4 des Vermerks beschreibt das Verfahren zur Prüfung und Wertung der Nebenangebote. Als Anlagen 3 und 4 sind dem Vergabevermerk eine Zusammenstellung der Nebenangebote und ein Vermerk zu ihrer Wertung beigefügt. In diesem Vermerk hat die Auftraggeberin die Wertung/Nichtwertung der Nebenangebote der Bieter im Einzelnen begründet. In der Tabelle "Angebotswertung Nebenangebote" wurden die Angebotssummen der Bieter unter Berücksichtigung der wertbaren Nebenangebote und der angebotenen Preisnachlässe miteinander verglichen.

Für das Angebot der Antragstellerin wurden zwei der 25 von ihr vorgelegten Nebenangebote - und zwar die Nebenangebote Nr. 9 und 19 - gewertet, für die Wertung des Angebots der Beigeladenen wurden vier von insgesamt 21 Nebenangeboten - und zwar die Nebenangebote 10, 12, 14 und 17 - berücksichtigt.

Unter zusätzlicher Berücksichtigung der angebotenen Preisnachlässe liegt das Angebot der Antragstellerin mit einer Angebotssumme von 7.863.439,98 EUR brutto preislich auf Rang 2 hinter dem Angebot der Beigeladenen mit einer Angebotssumme von 7.803.887,30 EUR brutto.

Die Wertung nach den bekannt gemachten Zuschlagskriterien "Preis" (85 %) und "technischer Wert" (15 %) hat die Auftraggeberin in der Tabelle Angebotswertung dokumentiert. Hiernach liegt in der Gesamtwertung das Angebot der Beigeladenen mit 978 Punkten auf Rang 1 vor dem Angebot der Antragstellerin mit 950 Punkten. Der Vergabevermerk enthält unter Ziff. 8.8 den Vergabevorschlag, den Auftrag an die Beigela...

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