Entscheidungsstichwort (Thema)

Erb- und Pflichtteil

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Entscheidung eines Erben zwischen Annahme des Erbteils oder Forderung des Pflichtteils, kommt es beim Vergleich der Erbteile nur auf den abstrakten Vergleich der Quoten an, nicht auf die tatsächlichen Beträge. Wertverhältnisse sind nur maßgeblich, wenn Erbe höchstens mit einer dem Pflichtteil entsprechenden Quote bedacht ist und selbst zu Anrechnung oder Ausgleich verpflichtet ist.

 

Normenkette

BGB §§ 2306, 2315-2316

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 04.03.1994; Aktenzeichen 4 O 507/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. März 1994 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert, teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über Schenkungen des Erblassers an sie, A., H. und M., in der Zeit vom 22. Januar 1977 bis 22. Januar 1987 zu erteilen und in ihrem Besitz befindliche Unterlagen, aus welchen der Wert der Schenkungen hervorgeht, vorzulegen, sowie die Sache wegen des sich nach Auskunft ergebenden Zahlungsanspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Sicherheit durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse leisten.

Beschwer des Klägers:

141.903,51 DM;

Beschwer der Beklagten:

100 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Feststellung, daß er Erbe ist, hilfsweise den Pflichtteil.

Der am 22. Januar 1987 verstorbene Vater des Klägers (Erblasser) setzte seine vier Kinder durch notarielles Testament vom 24. März 1986 zu gleichen Teilen als Erben ein. Außerdem setzte er verschiedene Vermächtnisse aus, welche die Beklagte sich, soweit sie begünstigt war, auf den Erbteil anrechnen zu lassen hatte. Ein Teil der Vermächtnisse betraf andere Personen, vor allem die Lebensgefährtin des Erblassers A. welcher er insbesondere eine Eigentumswohnung in … vermachte. Ferner bestimmte der Erblasser, daß Erben, welche mit seiner letztwilligen Verfügung nicht einverstanden seien und gegen seine Anordnungen verstießen, nur den Pflichtteil erhalten sollten. Außerdem ordnete er Testamentsvollstreckung an. Der Kläger, anwaltlich vertreten, widersprach der Erfüllung der Vermächtnisse zugunsten der Beklagten und Frau A. durch den Testamentsvollstrecker, vornehmlich der Übertragung der Eigentumswohnung in … an Frau A.. Zur Begründung führte er an, die Vermächtnisse hätten ihm gegenüber nicht in vollem Umfang Gültigkeit, weil ihm nach deren vollständiger Erfüllung nicht einmal verbliebe, was ihm als Pflichtteil zustände, zumal bei dessen Berechnung ausgleichungs- sowie ergänzungspflichtige Zuwendungen durch den Erblasser an die Beklagte und … zu berücksichtigen seien, über welche der Testamentsvollstrecker erst einmal Auskunft zu erteilen habe. Mit Anwaltsschreiben vom 24. Mai 1988 ließ er diesen wissen, er halte die Erfüllung der Vermächtnisse zugunsten der Beklagten und A. für unvertretbar, weil diese zu kürzen seien. Dementsprechend nahm er den Testamentsvollstrecker durch Klage vom 23. Dezember 1988 auf Auskunft in Anspruch. In dem Rechtsstreit 17 O 264/90 LG Hannover wurde der Testamentsvollstrecker rechtskräftig zur Auflassung der Eigentumswohnung an A. verurteilt. Der Kläger als dessen Streithelfer erstrebte erfolglos Abweisung dieser Klage. Durch Beschluß vom 9. April 1991 (68 VI 1198/88) zog das Amtsgericht Hannover den den Parteien und ihren beiden Brüdern erteilten gemeinschaftlichen Erbschein ein mit der Begründung, die Brüder der Parteien hätten durch ihr nach dem Erbfall an den Tag gelegtes Verhalten ihr Erbe verwirkt. Mit Schreiben vom 21. Mai 1992 beantragte die Beklagte einen Erbschein, der die Parteien als Erben zu gleichen Teilen ausweisen sollte. Hit Schreiben vom 5. Juni 1992 wies das Amtsgericht die Beklagte darauf hin, daß der Kläger sein Erbrecht ebenso wie seine Brüder verwirkt haben durfte. Daraufhin beantragte die Beklagte mit Schreiben vom 6. Juli 1992 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Am 28. August 1992 erteilte das Amtsgericht der Beklagten einen Erbschein, weicher sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist, hinsichtlich der Erbteile ihrer Brüder als Nacherbin seit dem 24. Mai 1988. Das Vorgehen des Klägers und seiner Brüder gegen diese Beschlüsse des Amtsgerichts blieb im Erbscheinsverfahren in allen Instanzen erfolglos.

Der Kläger hat mit am 30. November 1993 bei Gericht eingegangener Klage Teilzahlung von 133.653,61 DM nebst Zinsen auf den Pflichtteil, weitere Auskunft über den Bestand des Nachlasses sowie über ergänzungs- und ausgleichungspflichtige Schenk...

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