Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast zur Möglichkeit eines dem Unterhaltsberechtigten obliegenden Ausgleichs ehebedingter Nachteile

 

Leitsatz (amtlich)

Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast ehebedingter Nachteile (BGH, Urt. v. 24.3.2010 - XII ZR 175/08, FamRZ 2010, 875) gelten auch, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen.

 

Normenkette

BGB § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Urteil vom 19.02.2010; Aktenzeichen 622 F 3632/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin zu 2. wird das Urteil des AG - Familiengericht - Hannover vom 19.2.2010 teilweise geändert und der Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin zu 2. ab 1.6.2010 unbefristet monatlich im voraus einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 500 EUR zu zahlen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die (im Berufungsrechtstreit verbliebenen) Parteien sind seit 20.8.2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute; aus der im Oktober 1989 geschlossen Ehe sind die beiden Töchter J (1990) und L (1994), die erstinstanzliche Klägerin zu 1., hervorgegangen, die beide weiterhin im Haushalt der Mutter leben.

Nachdem der Beklagte, der bis einschließlich April 2009 neben dem ebenfalls nicht titulierten Kindesunterhalt für L Ehegattenunterhalt für die Klägerin zu 2. i.H.v. zuletzt 834 EUR geleistet hatte, die Herabsetzung dieses Unterhaltes für die Zeit ab Mai 2009 auf 400 EUR und die Einstellung der Ehegattenunterhaltszahlung ab Januar 2010 angekündigt hatte, ist der Beklagte im vorliegenden Verfahren für die Zeit ab Mai 2009 auf rückständigen und laufenden Unterhalt - für die Tochter 152 % des Mindestunterhaltes, für die geschiedene Ehefrau monatlich 1.200 EUR - in Anspruch genommen worden.

Das AG hat der im Urt. v. 19.2.2010 - auf das ergänzend Bezug genommen wird - ausgesprochenen Verurteilung des Beklagten Ansprüche auf Kindesunterhalt in - anerkannter - Höhe von 144 % "des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle" sowie auf nachehelichen Unterhalt der Ehefrau einen monatlichen Betrag von 834 EUR zugrunde gelegt und den Ehegattenunterhalt auf die Zeit bis 31.5.2010 befristet.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin zu 2. (im weiteren: die Klägerin) mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung insoweit, als sie für die Zeit ab Juni 2010 einen monatlichen Unterhaltsanspruch i.H.v. 500 EUR erhalten sehen will; mindestens in dieser Höhe bestehe ein fortwirkender ehebedingter Nachteil, da sie nunmehr nicht realistisch in ihren ursprünglich erlernten und bis zur Geburt von J auch längerfristig vollzeitig ausgeübten Beruf als Großhandelskauffrau zurückkehren könne; aus ihrer nach der ausschließlichen Betreuung von Kindern und Haushalt ab 2000 zunächst in geringfügigem Umfang aufgenommenen und - nach verschiedenen Fort- und Weiterbildungen 2001 bis 2005 - schließlich bis auf einen halbschichtigen Umfang ausgeweiteten Tätigkeit inzwischen als pädagogische Mitarbeiterin aber - selbst bei Annahme einer Nebentätigkeit - könne sie nur ein um rund 700 EUR geringeres Einkommen erzielen, als dies bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Großhandelskauffrau der Fall wäre.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Er meint, der Einkommensnachteil der Klägerin beruhe nicht auf fortwirkenden ehebedingten Ursachen, sondern ausschließlich auf deren eigener Entscheidung, im pädagogischen Bereich statt in ihrem ursprünglichen kaufmännischen Berufsfeld tätig bleiben zu wollen.

Der Senat hat im Termin, zu dem die Parteien persönlich anwesend waren, die Beklagte ergänzend persönlich angehört und befragt.

II. Auf das vorliegende, im Juli 2009 eingeleitete Verfahren sind gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG die Vorschriften des vor dem 1.9.2009 geltenden Verfahrensrechtes anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 2010, 192).

III. Die zulässige Berufung der Klägerin muss in der Sache vollen Erfolg haben. Einer Befristung des - bereits nach dem mit der Berufung weiter verfolgten Antrag in Ansehung eines vom AG unwidersprochen ermittelten rechnerischen Unterhaltsanspruches von mehr als 1.000 EUR wesentlich begrenzten - Unterhaltsanspruches der Klägerin steht durchgreifend entgegen, dass der Beklagte einen in Höhe dieser Klagforderung fortwirkenden ehebedingten Nachteil der Klägerin nicht widerlegen kann.

Nach der vom BGH mit Urteil vom 24.3.2010 (XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen und bislang veröffentlicht bei juris) bereits in den Leitsätzen erfolgten Klarstellung zur maßgeblichen Darlegungs- und Beweislast im Streit um die Befristung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen, auf die de...

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