Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Vermögen und Einkünften im Rahmen des § 1374 Abs. 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Werden der Ehefrau mehrere Monate vor Zustellung des Scheidungsantrags des Ehemannes von verschiedenen gemeinnützigen Stiftungen zweckgebunden Geldmittel zur Anschaffung eines zum Transport des gemeinsamen schwerbehinderten Sohnes der Ehegatten geeigneten Pkw (VW Caddy) schenkweise zugewandt, so ist der Gesamtbetrag der Zuwendungen (16.900 EUR) gem. § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen der Ehefrau hinzuzurechnen.

 

Normenkette

BGB § 1374 Abs. 2, § 1378

 

Verfahrensgang

AG Lüneburg (Beschluss vom 16.02.2015; Aktenzeichen 29 F 144/14)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.11.2016; Aktenzeichen XII ZB 362/15)

 

Tenor

I. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin und unter Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lüneburg vom 16.2.2015 teilweise geändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich i.H.v. 12.231,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2014 zu zahlen.

Der Widerantrag des Antragsgegners wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden dem Antragsgegner auferlegt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das Beschwerdegericht kann nach §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG in Ehe- und Familienstreitsachen von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder von sonstigen Verfahrensabschnitten absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von ihrer erneuten Durchführung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor; die bereits erfolgte Terminanberaumung durch den Senatsvorsitzenden steht dem Verfahren nach §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht entgegen (vgl. dazu BVerfG NJW 2011, 3356, 3357; OLG Düsseldorf NJW 2005, 833 f.; OLG Celle [9. Senat], Beschl. v. 6.5.2009 - 9 U 162/08 - BeckRS 2009, 28340 jeweils zu § 522 Abs. 2 ZPO, ständige Rechtsprechung des Senats, Senatsbeschlüsse vom 4.7.2011 -17 UF 95/11, 10.8.2011 -17 UF 71/11-, 8.2.2012 -17 UF 218/10-, 5.4.2012 - 17 UF27/12).

II. Die Beteiligten nehmen sich wechselseitig auf Zugewinnausgleich in Anspruch.

Sie haben am 12.8.2001 geheiratet und sich am 6.5.2009 voneinander getrennt. Auf den am 10.9.2013 zugestellten Scheidungsantrag des Antragsgegners wurde die Ehe durch Beschluss des AG - Familiengericht - Lüneburg (30 F 305/13) vom 14.1.2014 geschieden. Die Rechtskraft der Ehescheidung ist am 1.3.2014 eingetreten.

Das Anfangs- und Endvermögen des Antragsgegners ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streit besteht hinsichtlich der Frage, ob Geldgeschenke der Eltern der Antragstellerin i.H.v. 3.500 EUR am 12.12.2003 und 25.000 EUR am 31.10.2010 gem. § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen sind. Außerdem sind die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung darüber, wie ein für den gemeinsamen schwerbehinderten Sohn M. der Beteiligten mit Hilfe von verschiedenen Stiftungsgeldern angeschafftes Kraftfahrzeug VW Caddy im Zugewinnausgleichsverfahren einzuordnen ist.

Auf den Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen Zugewinnausgleich i.H.v. 12.231,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2014 zu zahlen und den Widerantrag des Antragsgegners, die Antragstellerin zu verpflichten, an ihn einen Zugewinnausgleich i.H.v. 5.910,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2014 zu zahlen, hat das AG mit der angefochtenen Entscheidung erkannt, dass der Antragsgegner an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich i.H.v. 8.845 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2014 zu zahlen hat und hat die übrigen Anträge zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter. Mit ihrer Anschlussbeschwerde erstrebt auch die Antragstellerin die Zahlung des bereits erstinstanzlich begehrten Betrages i.H.v. insgesamt 12.231,31 EUR. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin auf Nachfrage des Senats das Guthaben (zum Stichtag für das Endvermögen) auf dem bisher noch nicht berücksichtigten Girokonto Nr .... bei der Sparkasse L. mit 17,46 EUR angegeben und durch Vorlage eines Kontoauszuges nachgewiesen.

III. Die Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet, während die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin Erfolg hat.

Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner gem. § 1378 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung des von ihr geltend gemachten Zugewinnausgleichs i.H.v. 12.231,31 EUR, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 308 Abs. 1 S. 1, 528 ZPO.

Der Zugewinn des Antragsgegners i.H.v. 29.303,95 EUR übersteigt den Zugewinn der Antragstellerin i.H.v. 4.782,07 EUR, so dass sich sogar ein Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin i.H.v. 12.260,94 EUR ergäbe...

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