Normenkette

BGB § 2325

 

Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 4 O 59/02)

 

Tenor

1. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen sowie die beim LG rechtshängige Klage hinsichtlich des Antrags zu Nr. 4 der Klageschrift abzuweisen, soweit sie sich auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen der Übertragung des 1/4 Miteigentumsanteils durch die Erblasserin E.G. an den Ehemann der Beklagten gemäß Vertrag vom 3.12.1987 bezieht.

Den Klägern wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen gegeben.

2. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 1.925 Euro festgesetzt.

3. In Abänderung des vorläufigen Streitwertbeschlusses des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Stade vom 25.2.2002 wird der Streitwert der 1. Instanz für die allgemeine Verfahrens- und Prozessgebühr auf 12.833,48 Euro, für die streitige Verhandlungsgebühr auf 8.070,74 Euro und für die nicht streitige Verhandlungsgebühr auf bis zu 300 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung auch keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

1. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ermittlung des Wertes des Hausgrundstücks W.-Straße in S. zu den Wertermittlungsstichtagen 3.12.1987 (richtig: 24.3.1998 = Tag der Eintragung M.G. als hälftiger Miteigentümer im Grundbuch) und 3.4.2001 zu.

Zwar findet der Anspruch aus § 2314 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB auch auf solche Gegenstände Anwendung, die nicht zum Nachlass gehören, aber gem. § 2325 BGB diesem hinzuzurechnen sind (vgl. BGH v. 19.4.1989 – IVa ZR 85/88, BGHZ 107, 200 [201 f.] = MDR 1989, 800). Hier steht den Klägern indessen kein Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2325 BGB gegen die Beklagte zu, so dass auch kein der Vorbereitung eines solchen Anspruchs dienender Wertermittlungsanspruch in Frage kommt.

Gemäß § 2325 Abs. 3 HS. 1 BGB bleibt eine Schenkung unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen sind. Maßgebender Zeitpunkt ist die Vollziehung der Schenkung, beim Grundstückserwerb also die Umschreibung im Grundbuch (BGH v. 2.12.1987 – IVa ZR 149/86, BGHZ 102, 289 = MDR 1988, 296). Hier wurde der Beklagte am 24.3.1988 als Eigentümer des ihm von der Erblasserin übertragenen 1/4 Miteigentumsanteils eingetragen (Bl. 23 d.A.), der Erbfall trat dagegen erst am 3.4.2001 ein.

Zwar ist nach der Rspr. des BGH der Fristbeginn hinauszuschieben, wenn der Erblasser lediglich seine formale Rechtsstellung als Eigentümer aufgibt, sich aber vorbehält – sei es aufgrund dinglichen Rechts oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche –, den verschenkten Gegenstand im Wesentlichen weiterhin zu nutzen (BGH v. 27.4.1994 – IV ZR 132/93, BGHZ 125, 395 [397 ff.] = MDR 1994, 1015). Zur Begründung heißt es, der Gesetzgeber habe von dem fiktiven Nachlass – aus dem der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet wird – nur solche Schenkungen ausnehmen wollen, deren Folgen der Erblasser längere Zeit hindurch zu tragen und in die er sich einzugewöhnen habe. Hierin habe der Gesetzgeber eine gewisse Sicherheit vor „böslichen” Schenkungen gesehen. Eine Schenkung gelte deshalb nicht als i.S.v. § 2325 Abs. 3 HS. 1 BGB geleistet, wenn der Erblasser den „Genuss” des verschenkten Gegenstands nicht auch tatsächlich entbehren müsse. Auf dieser Grundlage hat der BGH keine Leistung angenommen, wenn der Erblasser sich an dem verschenkten Grundstück den uneingeschränkten Nießbrauch vorbehalten hat, ihm ferner ein dinglich gesicherter Anspruch auf Rückübertragung des Grundbesitzes zustand, wenn der Beschenkte vor dem Erblasser sterben oder den Grundbesitz ohne seine Zustimmung veräußern oder belasten sollte, und der Erblasser sich andererseits verpflichtet hatte, auch außergewöhnliche Reparaturen sowie die Vermögenssteuer zu bezahlen.

Ein derartiger Fall eines umfassenden wirtschaftlichen Vorbehalts der bisherigen Rechtsstellung liegt hier indessen nicht vor. Der Erblasserin war zunächst kein Nießbrauch, sondern nur ein Wohnrecht eingeräumt (zur Frage des Fristbeginns gem. § 2325 Abs. 3 BGB bei Einräumung eines Wohnrechts vgl. auch OLG Düsseldorf v. 28.2.1997 – 7 U 45/96, OLGReport Düsseldorf 1997, 245 = FamRZ 1997, 1114 einerseits und OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1546 andererseits). Der Nießbrauch gem. §§ 1030 ff. BGB gewährt dem Berechtigten indessen sowohl hinsichtlich der Rechte als auch der Pflichten eine Stellung, die wirtschaftlich der eines Eigentümers wesentlich näher kommt als die eines bloßen Wohnrechtsinhabers gem. § 1093 BGB. So ist der Nießbraucher insb. berechtigt, die Nutzungen der Sache zu ziehen (§ 1030 Abs. 1 BGB). Bei ein...

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