Leitsatz (amtlich)

1. Zur Berücksichtigung von Härtegründen (hier: Sexueller Missbrauch eines gemeinschaftlichen Kindes und vorzeitige Dienstunfähigkeit eines Beamten) im Rahmen einer Abänderungsentscheidung nach § 10a VAHRG.

2. Zur Berechnung der anteiligen Sonderzuwendung eines Beamten bei einem Ende der Ehezeit vor 1993.

 

Normenkette

VAHRG § 10a

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 15.02.1993; Aktenzeichen 620 F 4962/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.10.2006; Aktenzeichen XII ZB 39/03)

 

Tenor

Der Beschluss des AG - FamG - Hannover vom 15.2.1993 - 620 F 2739/91 VA - wird wie folgt abgeändert: Zu Lasten der für die Antragstellerin bei der ..., vertreten durch ..., bestehenden Versorgungsanwartschaften werden für den Antragsgegner auf dessen Versicherungskonto Nr. ... bei der ... Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 69,87 EUR, bezogen auf den 30.9.1991, begründet. Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen. Gerichtskosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben. Die dem Antragsgegner in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten sind von der Antragstellerin zu erstatten. Der Wert des Verfahrens wird für beide Instanzen auf bis 900 EUR festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben am 3.7.1986 die Ehe miteinander geschlossen. Auf den am 5.10.1991 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde die Ehe durch Urteil des AG Hannover vom 7.5.1992 rechtskräftig geschieden. Mit Beschluss des AG Hannover vom 15.2.1993 wurde der aus dem Verbund abgetrennte Versorgungsausgleich durchgeführt, indem zu Lasten der für die Antragstellerin bei der ... erworbenen Anwartschaften auf Beamtenversorgung für den Antragsgegner bei der ... Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 104,08 DM (= 52,22 EUR) begründet wurden. Dabei ging das AG davon aus, dass die Antragstellerin in der Ehezeit Beamtenversorgungsanwartschaften i.H.v. monatlich 314,05 DM und der Antragsgegner gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 105,89 DM erworben hätten. Mit einem am 26.4.2001 beim AG eingegangenen Schreiben hat die Antragstellerin die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, der Antragsgegner habe die am 13.4.1988 geborene gemeinsame Tochter sexuell missbraucht und sei am 1.12.1999 wegen Mordes an einer ihm bekannten Frau, sexuellen Missbrauchs seiner minderjährigen Nichte und Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Aus diesen Gründen empfände sie es als unerträglich, dem Antragsgegner einen Teil ihrer Pension abgeben zu müssen. Die Antragstellerin ist mit Wirkung vom 1.1.2002 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden und bezieht seitdem Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). Der Antragsgegner hat bestritten, die gemeinsame Tochter missbraucht zu haben. Von diesem Vorwurf war er durch Urteil des LG ... vom 19.12.1995 rechtskräftig freigesprochen worden. Im Zuge der späteren polizeilichen und richterlichen Vernehmung in dem Ermittlungsverfahren wegen u.a. des Mordvorwurfs hatte er das Vergehen an seiner Tochter allerdings eingeräumt. Er hat sich im vorliegenden Verfahren darauf berufen, sein Geständnis sei unter dem Druck der polizeilichen Vernehmung und auf Anraten seines damaligen Verteidigers zustande gekommen. Tatsächlich habe er die Straftat an seiner Tochter nicht begangen. Das AG hat aktuelle Auskünfte über die Versorgungsanwartschaften der Parteien eingeholt und die Feststellung getroffen, bezogen auf die Ehezeit hätten nunmehr die Antragstellerin beamtenrechtliche Anwartschaften von monatlich 187,90 EUR und der Antragsgegner gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 41,04 EUR erworben. Danach ergebe sich ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners von monatlich 73,43 EUR, der wesentlich von dem Ausgleichsbetrag in dem Beschluss vom 15.2.1993 abweiche. Deshalb sei eine Abänderung der früheren Entscheidung zulässig. Im Zuge der damit möglichen Totalrevision der früheren Entscheidung sei auch die Härteregelung des § 1587c BGB zu berücksichtigen. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs erweise sich nunmehr als grob unbillig, da sich der Antragsgegner des sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter schuldig gemacht habe. Das AG hat den Antragsgegner insoweit aufgrund seiner eigenen Angaben in dem gegen ihn geführten Strafverfahren als überführt angesehen. Demzufolge hat das AG in Abänderung des Beschlusses vom 15.3.1993 entschieden, dass ein Versorgungsausgleich zwischen den Parteien nicht stattfindet. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er bestreitet weiterhin, seine Tochter missbraucht zu haben, und erstrebt eine Abänderung des Versorgungsausgleichs zu seinen Gunsten mit Rücksicht auf die nunmehr höhere Wertdifferenz ...

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