Leitsatz (amtlich)

Bei der Klage auf Feststellung, dass dem Insolvenzgläubiger ein Anspruch aus einer vorsätzlich begangen unerlaubten Handlung des Schuldners zusteht, ist der Streitwert nicht auf den vollen Nennwert der - im Übrigen auch vom Schuldner unbestrittenen - Forderung festzusetzen, vielmehr muss ein Abschlag gemacht werden, den der Senat mit 75 % für angemessen hält.

 

Normenkette

InsO § 174 Abs. 2, § 302 Nr. 1; StGB § 266a

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 24.08.2006; Aktenzeichen 13 O 43/06)

 

Tenor

Die am 7.9.2006 beim LG Hannover eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den ihm am 24.8.2006 zugestellten Beschluss der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Hannover vom 21.8.2006 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 5.368,93 EUR.

 

Gründe

Der Beklagte, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und der einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung gegen eine Klage, mit der die klagende Krankenkasse die Feststellung begehrt, dass ihr i.H.v. 21.475,70 EUR eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gegen ihn zusteht. Die Klägerin macht geltend, der Beklagte hafte in dieser Höhe aus § 266a StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, weil er ihr Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung für den Zeitraum Juli bis Dezember 1999 pflichtwidrig - vorsätzlich - vorenthalten habe. Sie habe ein rechtlich geschütztes Interesse an dieser Feststellung, weil der Beklagte - unstreitig - der Anmeldung ihrer Ansprüche im Insolvenzverfahren insofern widersprochen habe, als sie diese im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO als Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung angemeldet habe.

Das LG hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg versagt, weil der Beklagte dem Vorbringen der Klägerin nicht mit ausreichender Substanz entgegengetreten sei. Er habe die von der Klägerin anhand der ihr übermittelten Beitragsnachweise schlüssig dargelegten Einzelforderungen nur pauschal bestritten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das LG ist mit Recht von der fehlenden Erfolgsaussicht der Verteidigung des Beklagten ausgegangen. Der im Strafverfahren wegen Beitragsvorenthaltung i.S.d. § 266a StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 15 DM verurteilte Beklagte (vgl. dazu das am 7.9.2000 verkündete Urteil des AG Hannover in dem Verfahren ... Ds -... Js .../99 -.../00) ist dem Vortrag der Klägerin, i.H.v. 21.475,70 EUR Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung der Einzugsstelle vorenthalten zu haben und deshalb gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 266a StGB wegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu haften, nicht mit Substanz entgegengetreten. Das LG hat dem Beklagten deshalb mit Recht Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung gegen die seitens der I. erhobene Feststellungsklage versagt.

Das LG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die I. berechtigt ist, den Beklagten im Rahmen einer Feststellungsklage entsprechend § 184 InsO auf Feststellung in Anspruch zu nehmen, dass der Beklagte i.H.v. 21.475,70 DM aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung haftet. Diese Feststellung hat zur Folge, dass die im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten von der Klägerin angemeldete Forderung in dieser Höhe von der Erteilung einer Restschuldbefreiung gem. § 302 Nr. 1 InsO ausgenommen ist. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten möglicherweise - dafür spricht das Aktenzeichen, das bereits aus dem Jahr 2000 stammt - schon vor dem 1.12.2001 eröffnet worden ist und es sich damit um ein "Altverfahren" handelt, auf das die Vorschriften des am 1.12.2001 in Kraft getretenen Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2001 noch nicht anzuwenden sind. Auch in diesen Verfahren besteht für eine Klage gegen den Schuldner auf Feststellung des Bestehens einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung schon vor Erteilung der Restschuldbefreiung ein rechtlich geschütztes Interesse (s. OLG Celle, ZInsO 2003, 280 = ZVI 2004, 46; OLG Celle v. 12.3.2003 - 9 U 133/02, OLGReport Celle 2003, 195 = Rpfleger 2003, 465), wenn der Schuldner diesem Anspruchsgrund widersprochen hat.

Der Beklagte hat im Insolvenzverfahren als Insolvenzschuldner der Anmeldung der Forderung der Klägerin insoweit widersprochen, als er in Abrede stellt, aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, konkret wegen einer nach § 266a StGB strafbaren Beitragsvorenthaltung, zu haften. Hat der Schuldner, der einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, im Rahmen des insolvenzrechtlichen Anmeldungs- und Prüfungsverfahren der Geltendmachung einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners widersprochen, weil er ...

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