Leitsatz (amtlich)

Eine sofortige Beschwerde des Nebenklägers gegen die für ihn nachteilige Auslagenentscheidung wird durch die Beschränkung der Rechtsmittelbefugnis nach §§ 400 Abs. 1, 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs. StPO nicht ausgeschlossen.

Hat der Angeklagte mit seinem auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittel vollen Erfolg, so ist bei der Entscheidung über die dem Nebenkläger im Rechtsmittelverfahren entstandenen notwenigen Auslagen § 472 Abs. 1 StPO entsprechend anzuwenden.

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Nebenklägers wird die Kostenentscheidung des Urteils der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts H. vom 4. Juni 2007 dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte auch die dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte zu tragen.

 

Gründe

I.

1.

Das Amtsgericht H. verurteilte den Angeklagten am 4. Januar 2006 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte, der die Tat in der Hauptverhandlung bestritten hatte, fristgerecht Berufung ein und erklärte mit Schriftsatz seines damaligen Verteidigers vom 2. Mai 2006, dass er die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränke. In dem Schriftsatz bat er den Vorsitzenden darum, den zu der bereits terminierten Hauptverhandlung als Zeugen geladenen Geschädigten - den jetzigen Nebenkläger - nicht abzuladen, weil er sich bei diesem im Termin entschuldigen wolle. Der Geschädigte seinerseits beantragte mit Schriftsatz seines Rechtsanwalts vom 4. Mai 2006, der am selben Tag bei Gericht einging, seine Zulassung als Nebenkläger, Beiordnung seines Rechtsanwalts und Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 22. Mai 2006 ließ die Berufungskammer den Geschädigten als Nebenkläger zu und lehnte seine weiteren Anträge ab, weil es nur noch um die Rechtsfolge gehe. Die Berufung des Angeklagten verwarf die 9. kleine Strafkammer des Landgerichts H. am 27. Juni 2006.

2.

Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein und rügte neben der Verletzung materiellen Rechts insbesondere, dass seine Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch mangels hinreichender Feststellungen zur inneren Tatseite im Urteil des Amtsgerichts nicht wirksam gewesen sei. Mit Urteil vom 27. Juni 2006 hat der Senat, der die Beschränkung der Berufung für wirksam erachtete, das Berufungsurteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, die weitergehende Revision verworfen und im Umfang der Aufhebung die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision sowie die hierdurch veranlassten notwendigen Auslagen des Nebenklägers - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts H. zurückverwiesen.

3.

Die 6. kleine Strafkammer des Landgerichts H. hat daraufhin mit Urteil vom 4. Juni 2007 das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Kostenentscheidung lautet:

"Die Landeskasse trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen."

Im Rahmen der Begründung der Kostenentscheidung hat das Landgericht u. a. ausgeführt:

"Der Angeklagte hat mit seinem Rechtsmittel nämlich vollen Erfolg. Im Hinblick darauf konnten dem Angeklagten auch nicht die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt werden."

4.

Gegen die Kostentscheidung wendet sich der Nebenkläger mit seiner sofortigen Beschwerde. Er begehrt eine Erstattung seiner sämtlichen Auslagen durch den Angeklagten und macht geltend, dass der Angeklagte nicht vollen Erfolg mit seinem Rechtsmittel gehabt habe, weil er unbeschränkt Revision eingelegt habe, die zum Teil verworfen worden sei. Soweit der Angeklagte mit der Berufung das Ziel der Bewährungsstrafe erreicht habe, seien ihm dennoch die Auslagen des Nebenklägers nach § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO aufzuerlegen, weil er wegen einer Tat verurteilt worden sei, die den Nebenkläger betreffe. Anlass, hier nach § 472 Abs. 1 Satz 2 StPO aus Billigkeitsgründen davon abzusehen, bestehe nicht.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. StPO statthaft.

Dem steht § 464 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. StPO nicht entgegen. Danach ist eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen unzulässig, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das bedeutet, dass die Kostenbeschwerde dann unzulässig ist, wenn die Hauptentscheidung schon nach ihrer Art schlechthin nicht angefochten werden kann oder die betreffende Person grundsätzlich zur Einlegung eines Rechtsmittels nicht befugt ist. Es gilt jedoch nicht, wenn gegen die Hauptentscheidung an sich ein Rechtsmittel statthaft ist, dieses aber im konkreten Fall dem jeweiligen Prozessbeteiligten nur mangels B...

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