Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Nebenklage bei vollem Erfolg des beschränkten Rechtsmittels des Angeklagten

 

Leitsatz (amtlich)

§ 473 Abs. 3 StPO enthält für den Fall des vollen Erfolgs des - nachträglich - beschränkten Rechtsmittels keine Regelung für die Verteilung der Kosten der Nebenklage und der notwendigen Auslagen des Nebenklägers. Diese Lücke ist durch entsprechende Anwendung des - (nur) für den ersten Rechtszug konzipierten - § 472 Abs. 1 StPO zu schließen. Danach hat auch der mit seinem beschränkten Rechtsmittel erfolgreiche Angeklagte grundsätzlich die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen (§ 472 Abs. 1 Satz 1 StPO); soweit dies unbillig erscheint, kann hiervon ganz oder teilweise abgewichen werden (§ 472 Abs. 1 Satz 2 StPO).

 

Normenkette

StPO § 472 Abs. 1 Sätze 1-2, § 473 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 15.07.2014; Aktenzeichen (567) 231 Js 1493/12 Ls Ns (31/14))

 

Tenor

1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. Juli 2014 werden nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte H. der gefährlichen Körperverletzung und der vorsätzlichen Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und der Angeklagte L. der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und der Beleidigung schuldig ist.

2. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Revisionen und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Nebenklägers S. zu tragen, der Angeklagte H. darüber hinaus auch die dem Nebenkläger A. durch seine Revision entstandenen notwendigen Auslagen.

3. Auf die sofortigen Beschwerden der Nebenkläger S. und A. wird die im Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. Juli 2014 getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung dahin ergänzt, dass

a) der Angeklagte H. die den Nebenklägern S. und A. durch seine Berufung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat

und dass

b) der Angeklagte L. die dem Nebenkläger S. durch seine Berufung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

4. Die Angeklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens 4 Ws 120/14 und die dem Nebenkläger S. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens 4 Ws 121/14 und die dem Nebenkläger A. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte H. zu tragen.

 

Gründe

I.

Mit der am 26. Februar 2013 unverändert zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht Tiergarten zugelassenen Anklage vom 2. Januar 2013 hat die Staatsanwaltschaft Berlin den Angeklagten zur Last gelegt, in Berlin am 30. März 2012 gegen 22.45 Uhr und kurze Zeit später [1.] gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) durch zwei selbständige, in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander stehende Handlungen [a)] eine - mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich und mittels eines gefährlichen Werkzeuges begangene und daher - gefährliche Körperverletzung (§§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Beleidigung (§ 185 StGB) und [b)] eine räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) in Tateinheit mit - mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangener und daher - gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) begangen zu haben. Den Angeklagten L. hat sie darüber hinaus angeklagt, durch eine weitere selbständige, zu den beiden Taten zu 1.a) und 1.b) in Tatmehrheit stehende Handlung [2.] einen anderen, nämlich einen der zum Tatort zu 1. gerufenen Polizeibeamten, beleidigt zu haben.

Der durch die Tat zu 1.a) der Anklageschrift geschädigte M. S. hat sich mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Februar 2013 dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen. Auch der durch die Tat zu 1.b) der Anklageschrift geschädigte J. A. hat mit anwaltlichem Schreiben vom 14. März 2013 die Anschlusserklärung nach § 395 StPO abgegeben. Mit gesonderten Beschlüssen vom 20. März 2013 hat das Amtsgericht Tiergarten beide Geschädigte gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO als Nebenkläger zugelassen. Den Antrag des Nebenklägers S. vom 29. Mai 2013, ihm die von ihm bevollmächtigte Rechtsanwältin Dr. B. gemäß § 397a Abs. 2 StPO beizuordnen, hat es mit Beschluss vom 10. Juni 2013 abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom selben Tage hat das Amtsgericht auch den Antrag des Nebenklägers A., ihm Rechtsanwältin G. "als Beistand zu bestellen", zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 9. Dezember 2013 hat das Amtsgericht Tiergarten - Schöffengericht - den Angeklagten H. wegen "gemeinschaftlicher" gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers S. (Tat zu 1.a) der Anklage, wegen der tateinheitlich angeklagten Beleidigung wurde er nicht verurteilt) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung zum Nachteil des Nebenklägers A. (Tat zu 1.b) der Anklage) unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 28. März 2013 - 278 Cs 82/13 - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Den Angeklagten L. hat es wegen "Beleidigung in zwei Fällen [Taten zu 1.a) und 2. der Anklage],...

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