Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung der Aufsichtsbehörde als anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des Niedersächsischen Justizministeriums, den Strafvollzug gegen einen aus Sicherheitsgründen in den Strafvollzug des Landes Niedersachsen überstellten Strafgefangenen nicht weiter in Niedersachsen durchzuführen, ist eine anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG.

 

Normenkette

StVollzG §§ 109, 111, 115 Abs. 3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.06.2015; Aktenzeichen 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14)

 

Tenor

1. Prozesskostenhilfe wird mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache versagt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

3. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

4. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 500 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der zu lebenslanger Freiheitsstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilte Antragsteller verbüßte seine Strafe zunächst in der JVA L. Aus Sicherheitsgründen wurde er sodann in die JVA H.-F. und danach in die Justizvollzugsanstalt C. verlegt, in der er sich vom 11. April 2012 bis 17. Februar 2014 befand. Der von dieser aufgestellte Vollzugsplan sah die Verlegung des Antragstellers in eine sozialtherapeutische Einrichtung vor. Mit seinem ursprünglichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung erstrebte der Antragsteller die Verhinderung seiner Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt des Landes Schleswig-Holstein. Hierzu hat er angegeben, auf seine Nachfrage hin von der Antragsgegnerin mündlich mitgeteilt bekommen zu haben, dass sein Verbleib in Niedersachsen nicht mehr weiter verlängert werde.

Die Kammer hat daraufhin dem Antragsteller mitgeteilt, dass sein Antrag unzulässig sein dürfte, da er sich nur gegen eine Maßnahme der Vollzugsbehörde, die regelmäßig die Justizvollzugsanstalt sei, wenden könne und zudem eine reine Absichtserklärung nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne. Am 18. Februar 2014 ist der Antragsteller in die JVA L. verlegt worden. Unter dem 25. Februar 2014 hat er daher hinsichtlich seines ursprünglichen Antrags die Erledigung erklärt. Gleichzeitig hat er den Antrag gestellt, die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festzustellen.

Die Kammer hat diesen Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Zuvor hat sie die Justizvollzugsanstalt C. an dem Verfahren beteiligt und in den Gründen des angefochtenen Beschlusses den Antrag des Antragstellers dahingehend ausgelegt, dass sein Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Verlegung gerichtet war. In den folgenden Beschlussgründen hat die Kammer ausgeführt, dass die tatsächlich erfolgte Verlegung vom Antragsteller nicht angegriffen worden sei, sondern dieser sich nunmehr gegen die Tatsache wende, dass keine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt des Landes Niedersachsen vorgenommen worden sei. Hierauf habe der Antragsteller jedoch keinen Anspruch. Einer befristeten oder dauerhaften Unterbringung des Antragstellers im Vollzug des Landes Niedersachsen sei vom Niedersächsischen Justizministerium nicht zugestimmt worden. Eine sozialtherapeutische Behandlung des Antragstellers in Niedersachsen hätte in unmittelbarer Zeit auch nicht begonnen werden können, da die sozialtherapeutischen Abteilungen ausgelastet seien und bereits Wartelisten geführt werden müssen. Hingegen verfüge die Justizvollzugsanstalt L. über eine sozialtherapeutische Abteilung, in der das therapeutische Ziel mithin ebenso erreicht werden könne. Außerdem leben die Angehörigen des Antragstellers im dortigen räumlichen Bereich, was eine Wiedereingliederung deutlich einfacher als in einem anderen Bundesland ermögliche.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Er habe nicht die Verlegung als solche angefochten, sondern die Mitteilung des Niedersächsischen Justizministeriums, dass sein Aufenthalt in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten nicht mehr verlängert werde. Zudem habe er einen Anspruch auf Sozialtherapie in einer niedersächsischen Einrichtung, da er sich auf den Vollzugsplan verlassen durfte.

Der Zentrale juristische Dienst für den niedersächsischen Justizvollzug hält die Rechtsbeschwerde für unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i. S. von § 116 Abs. 1 StVollzG zu ermöglichen. Die Rückverlegung nach Schleswig-Holstein sei rechtmäßig gewesen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig erhoben worden. Der Zulässigkeit steht auch § 116 Abs. 1 StVollzG nicht entgegen, da es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Es gilt den im Folgenden dargestellten Rechtsfehler zukünftig zu vermeiden.

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Die Kammer geht in rechtlich ...

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